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Leider hatten wir nur zwei Mal während unser Aufenthalts in Äthiopien die Möglichkeit, die Sekundärwälder in der Region Kaffa zu besuchen. Bei vorbereitenden Literaturstudien fand ich heraus, daß dieses ehemalig unabhängige Königreich erstmals 1905 von einem Europäer, dem Deutschen Julius Biber, betreten wurde. Während andere Teile des Hochlandes in der Trockenzeit gelbbraun und verbrannt sind, ist die Gegend um Jimma grün. Viele kleine Bäche und Tümpel prägen den Charakter der Landschaft. Der Wasserreichtum zog in der Vergangenheit nicht nur den Kaffeeanbau nach sich, sondern auch eine urwüchsige Vegetation überall dort, wo Landwirtschaft, oder der Raubbau des Regenwaldes aufgegeben wurden. Dem entsprechend vielfältig ist auch die Fauna. Bei einem Ausflug an einen kleinen See in der Nähe Jimmas, der eigentlich der Beobachtung der dort lebenden Nilpferde dienen sollte, fielen mir verschiedene kleine Tümpel auf, die völlig mit einem Ceratophyllum zugewachsen waren. Besonders faszinierte mich die stark gedrungene Wuchsform und die fast olivgrün bis schwarze Färbung der Pflanzen. Später stellte sich heraus, daß es die einzige Pflanzenart bleiben sollte, die ich nach einem halben Jahr „lebend" nach Hause bringen sollte. Unser Freund H.Stallknecht übernahm die Pflanzen und gab Teile davon H. Barth, der letztlich dafür sorgte, daß heute in vielen Aquarien Ceratophyllum spec. (Äthiopien) zu finden ist. Die sehr wüchsige Pflanze hat aber sehr viel von den eingangs erwähnten Eigenschaften verloren. Die gedrungene Wuchsform und die dunkle Färbung waren wahrscheinlich Adaptionen an die extrem hohe Lichteinstrahlung. Heute wirkt die Pflanze ausgesprochen grazil und zerbrechlich und hat eine hellgrüne Farbe. Die Alltagspraxis zeigte aber, daß diese Pflanzen für das Aquarium, insbesondere für die Erstbepflanzung, auf Grund ihrer Wüchsigkeit, sehr geeignet ist.

Primäre Regenwälder sind auch in der Illubabur-Region, die historisch als Kaffa bezeichnet wurde, nur noch in Resten zu finden. Der seit Jahrhunderten nachgewiesenen akute Holzmangel führte zu einer fast 100 %igen Abholzung der ursprünglich vorhandenen Wälder und hätte auch fast zur Aufgabe des Standorts der Hauptstadt Addis Abeba geführt, da das zum Aufbau der Häuser notwendige Holz fehlte. Deshalb wurden im vergangenen Jahrhundert verschieden Eucalyptus-Arten eingeführt, die auf Grund ihrer Schnellwüchsigkeit die Versorgung mit dem notwendigen Brenn- und Bauholz gewährleisteten. So bestimmt heute Eucalyptus weitgehend die Baumbestände im Land. Wo er fehlt, haben die Regenfälle während der kleinen (April-Mai) und der großen Regenzeit (Juli-September) weitgehend den fruchtbaren Boden entfernt. Vielerorts sind tiefe Erosionsrinnen charakteristisch für die Landschaft. Die vorstehend genannten Sekundär-Regenwälder zeigen aber, daß bei zurückhaltender Nutzung Regenerationsprozesse einsetzen, die zu einer Wiederbesiedlung und Stabilisierung der Fauna und Flora führen. Die vulkanischen Böden haben eine unvorstellbare Fruchtbarkeit. Bei den vorherrschenden Temperaturen und ausreichender Wasserversorgung, wie sie für das Hochland typisch ist, wächst nahezu alles an, was in den Boden gesteckt wird. So konnten wir uns auch davon überzeugen, daß Athernanthera-Arten sich wunderbar als Rabattenumgrenzung eignen.

Unter solchen Bedingungen wachsen auch aufgelassene Flächen sehr schnell wieder zu und liefern den Eindruck unberührter Natur. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß mit dem Verschwinden der primären Wälder auch Tier- und Pflanzenarten verschwunden sind, von denen wir heute eventuell nicht einmal eine Beschreibung haben.

Der vulkanische Ursprung Äthiopiens prägt auch heute noch weite Teile des Hochlandes. Aller Orten findet sich eine Unzahl von Thermalquellen, die zum Teil Erholungszwecken, oder touristischer Nutzung dienen, oft auch ganz einfach von den Einheimischen als Badewanne gebraucht werden. Das Procedere dazu ist denkbar einfach. In unmittelbarer Nähe der Quellen wird eine Grube ausgehoben, die als Speicher und Abkühlbecken dient. Über einen gewundenen Kanal wird dann das Wasser in eine zweite Grube geleitet, in der dann, Männer und Frauen getrennt ihr, auf 38 - 40 oC temperiertes Bad genießen. Ein Bad in den Quellen selbst ist undenkbar, ergaben die Temperaturmessungen vor Ort doch Werte von 85 - 95 oC. Demzufolge ist eine Suche nach Leben in diesen Gewässern auf die Bestimmung thermophiler Blaualgen beschränkt. Die Luft wies, auf Grund der Höhenlage, eine relative Feuchte von unter 50 % auf. Bedingungen, unter denen auch bei 35 o C Außentemperatur, dichte Dampfschwaden über den Quellen zu sehen waren.

Die besonderen „Highlights" der äthiopischen Exkursionen waren eindeutig die vielen Kraterseen. Allein in Debre Zeyit, ca. 35 km südöstlich von Addis gab es fünf, mit Wasser gefüllte Krater, die einem schon eine gewisse Ehrfurcht aufdrängten, stellte man sich vor, daß vor Tausenden von Jahren hier noch die Elementargewalten der Natur geherrscht haben. Völlig abgeschottet von Zuflüssen und durch den sich oft mehr als 100 Meter hohen Kraterrand isoliert, bildeten sich einzigartige Lebensgemeinschaften heraus.

Das nahezu unbeschreibliche Erlebnis hatten wir dann aber bei dem Besuch des Wondschi-Kraters, in der Nähe von Ambo. Stellen Sie sich vor, sie steigen etwa 100 Meter auf einen Wall und schauen vom Rand einer Arena in ein Paradies. In einer Höhe von 2000 Metern gelegen, erheben sich die Wände des Kraters auf 2100 Meter, um dann ca. 250 Meter tiefer den Kratergrund zu bilden, der einen, von vielen Inseln durchsetzten See darstellt. Es gibt nur einen befahrbaren Zugang. Beim Abstieg in den Krater durchquerten wir ein Dorf, in dem sich dann auch geradezu Leute aufdrängten, uns über den See zu geleiten. Als wir zu den „Booten" kamen, waren wir nicht nur schock- sondern auch fasziniert. Vor uns lagen Einbäume. Wenn auch nicht ohne Bedenken, haben wir uns unseren Fährleuten anvertraut und gelangten auch unbeschadet ans andere Ufer. Auch hier fanden sich viele Zeichen der ehemaligen vulkanischen Aktivitäten, von Thermalquellen angefangen, bis zu CO2-angereicherten Quellwassern, an denen man das „Sprudelwasser" gratis aus der Erde in Premium-Qualität geliefert bekam. Der See enthielt eine Anzahl interessanter Wasserpflanzen, u.a. eine nicht näher zu bestimmenden Potamogeton-Art, die leider nicht mit nach Deutschland zu bringen war, da sie mir während der Zwischenhälterung zerfiel. Generell mußte ich die Erfahrung machen, daß die von uns gesammelten Wasser- und Sumpfpflanzen extrem empfindlich auf Änderungen der Höhenlage reagierten. Bis auf das erwähnte Ceratophyllum, gelang es mir nicht, die aufgefundenen Arten längere Zeit zwischenzuhältern. Häufig kam es noch zu einer „Notblüte", nach der die Pflanzen dann zerfielen. Besonders bedauerlich war dies für uns hinsichtlich einiger Ludwigia-Formen, die nicht mehr bestimmt werden konnten. Gleiches gilt für eine Form von Lobelia cardinalis, die sich, auf welchem Weg auch immer, am Rand des Kratersees des Zuquala angesiedelt hatte. Nach unendlichen Mühen hatte ich gerade eine vollständige Pflanze gewonnen, als mich ein dort ansässiger Eremit mit großem Geschrei:" Bilharzia, Bilharzia ..." vertrieb.

Afrika war für uns eine Erfahrung, die wir heute nicht mehr missen möchten. Bevor wir dort für ein Jahr gelebt haben, amüsierten wir uns über Leute, denen in „Jenseits von Afrika" die Tränen in die Augen schossen. Soviel Rührseligkeit für ein "bißchen" Land. Heute werden uns selbst die Augen feucht, jenseits von Afrika.

 

Literatur: Emmrich, D. (1985): Bemerkungen und Daten zur Verbreitung einiger Schlangenarten in Äthiopien; AT 32 S.65-68, 100-104, 136-140

Dr. Jan Robel

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