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Haben sie schon mal versucht, einen Stein mit den Abmessungen 40x50x30 cm hochzuheben und ins Wasser zu werfen? Haben sie beim Schwimmen schon mal Angst gehabt, sich den Kopf an einem auf der Wasseroberfläche treibenden Stein zu stoßen? Kein Problem, wenn es sich um Bimsstein handelt. Ganz aus dem Dunklen tauchten Erinnerungen an meine Großeltern auf, in deren Badezimmer ein handgroßes Stück der Entfernung von Hornhaut diente - und hier nun Strände, die geradezu übersät waren mit diesem Material.

Die von Tuff- und Bimsstein gesäumten Ufer bieten einer Fülle von Glattechsen Unterschlupf. Es dominiert die Gestreifte Mabuya, Mabuya striata. Die auffälligen Tiere sind allerdings sehr scheu und verlangen dem Betrachter schon ein gutes Maß an Geduld ab, bis man zu einem halbwegs vernünftigen Foto kommt.

Aus ichthyofaunistischer Sicht waren wir sehr gespannt. Die nahezu unerschöpfliche Artenfülle des Malawi- und Tanganjika-Sees, die ja letztlich zum selben Grabenbruch gehören, versprach doch zumindest Neues. Wir wurden aber herb enttäuscht. Die Sichtweite im Wasser des Langano betrug weniger als 20 cm. Fangversuche mit Reusen und Senken verliefen nahezu ergebnislos. Im Langano und Shala konnten wir ausschließlich Tilapien (richtiger ist die Gattungsbezeichnung Sarotherodon, wobei eine Artbestimmung nicht möglich war - vermutlich handelte es sich um Bastarde zwischen S. leucosticta und S. nigra, die in Ostafrika sehr weit verbreitet sind) und Katzenwelse der Gattung Ictalurus nachweisen. Beide Formen haben sich, auf Grund der räuberischen Lebensweise, der erstaunlichen Adaptionsfähigkeit und des Mangels natürlicher Feinde, verheerend auf die einheimische Fischfauna ausgewirkt. Es erschien uns zunächst unerklärlich, wie diese Arten sich ernähren können. Wahrscheinlich fressen die größeren Tiere der einen, die kleineren der anderen. Der Besatz der äthiopischen Grabenbruchseen diesen beiden Arten erfolgte aus ernährungspolitischen Gründen. Umso erstaunlicher, daß diese Eiweißquelle nur punktuell vom einheimischen Volk genutzt wird. Die Schizophrenie dieser Faunenverfälschung besteht darin, daß abgesehen von der Bevölkerung um den Lake Awassa niemand dort Fisch kauft, geschweige denn ißt. Die wesentliche Eiweißquelle der Äthiopier ist Fleisch. Um es drastischer zu sagen, die üblichen Kochbücher lassen keinen Raum für Fisch - auch in den Tropen ißt der Bauer nur was er kennt.

Was hinsichtlich der Faunenverfälschung ausgeführt wurde, gilt im gleichen Maße für die Flora. Es sind neben Wirtschaftsagaven auch Opuntien zu finden, ebenso eine Vielzahl asiatischer und südamerikanischer Gehölze und der allgegenwärtige Eucalyptus.

Am Awassa hingegen findet man intensive Befischung, die sich auf die vorstehend genannten zwei Arten beschränkt. Interessant ist, daß sich infolge der extensiven Fischverwertung - es werden bei den Tilapien lediglich die Filets herausgetrennt, der Rest wird verworfen - große Schwärme von Pelikanen, Marabus, Seeadlern und Milanen an den Landungsstellen der Fischerboote angesammelt haben, um die zum Teil erheblichen Reste zu vertilgen. Ein Paradies für ornithologisch Interessierte. An den Landungsstellen der Fischer haben sich Märkte etabliert, auf denen der Fisch nicht nur zerlegt und verkauft, sondern auch gleich noch zubereitet wird. Allerdings darf man keine europäischen Küchenhygienevorschriften zum Maßstab nehmen. Unmittelbar neben den Anlegestellen der Fischer wird nicht nur der Fisch gewaschen und verarbeitet, sondern auch Wäsche gewaschen, gebadet... und das Wasser für die Zubereitung der Fische entnommen. Diese haben trotzdem hervorragend geschmeckt.

Ganz allmählich entstand bei uns die Frage, wie denn die Einheimischen zu den sie umgebenden Tieren und Pflanzen stehen. Uns als Mitteleuropäer war alles grandios und wunderbar, aber angesichts bestimmter Verhaltensmuster unserer Nachbarn kamen dann doch Zweifel an der eigenen Einstellung.

Erstmals wurden wir auf dieses Problem gestoßen, als wir in unmittelbarer Umgebung von Addis, am Trinkwasserstausee der Stadt, plötzlich mit einem Chamäleon (Chamaeleo affinis) konfrontiert wurden. Uns begleitende Kinder, die sich ein Bakschisch erhofften, stoben kreischend davon, als unsere Tochter das Tier in die Hand nahm und sich gleichsam als Brosche auf den Pullover setzte.

Die Einheimischen haben eine sehr eigentümliche Auffassung zu Tieren, die prinzipiell in zwei Kategorien unterteilt werden : Tiere, die man nutzen kann und solche, die diese Bedingung nicht erfüllen. Letztgenannte haben - zumindest für die Landbevölkerung keine Daseinsberechtigung. Darüber hinaus ist die Furcht vor Wildtieren, aus welchen Ursachen auch immer (ich möchte nicht auf die Bedeutung Zoologischer Gärten in der ersten Welt eingehen), weit verbreitetet. Es gilt das Motto: Erst töten, dann hinschauen, oder gleich das Weite suchen. Das trifft insbesondere für Reptilien zu und war im Falle der  Uräusschlange (Naja haje) wohl auch verständlich. Deshalb ist die Fauna in dichtbesiedelten Gebieten weitgehend auf das Vorhandensein von Zeburindern, Schafen, Ziegen und Eseln beschränkt. Von den zahllosen Wiederkäuern wird die Steppe so stark beweidet, daß man den Eindruck hat, über einen endlosen Golfplatz zu fahren. Ein Grashalm wird eben nicht länger als die durchschnittliche Dicke eine Schafslippe. Bei 200 Millionen Stück Nutzvieh im Land bleibt für die natürliche Tierwelt nur wenig Platz. Dieser ist meist auf die Nationalparks, aride Zonen und die Bergregionen beschränkt. Alle anderen landwirtschaftlich nutzbare Flächen werden in einer Art Drei-Felder-Wirtschaft bearbeitet.

Die Vielfalt der ehemals vorhandenen Fauna findet man aber in den Nationalparks. Der Begriff täuscht allerdings, wenn man deutsche Maßstäbe anlegt. Die Gebiete sind nicht besiedelt, werden aber von den Einheimischen zum Teil zur Weidewirtschaft genutzt. Im Fall des Awash-Nationalparks befinden sich auch ein Hotel und ein Campingplatz auf dem 2400 km2 großen Areal. Eine Frühstückspause auf der Terrasse des Hotels bescherte uns unfreiwillig eine Stunde voller Komik. Diese Terrasse wurde von einer Horde Mantelpavianen belagert, die in unverschämter Art und Weise versuchte, sich am Frühstück zu beteiligen und dabei eine Dreistigkeit entwickelte, die den Kellner fast zur Raserei trieb. Jegliches Obst, das als Dessert auf den Tisch kam, wurde in raffinierter Weise gestohlen. Der Pascha der Horde beschäftigte den Kellner, während die Weibchen und Jungtiere die Tische leer räumten. Wir konnten eine signifikante Bevorzugung von Papayas registrieren.

Der Nationalpark ist nach dem Awashfluß benannt, der in die 1500 Meter hochgelegene Erdscholle ein 600 Meter tiefes Tal geschnitten hat. Vom Hochplateau ergibt sich ein beeindruckendes Bild in das Tal des Awash, der sich mehrfach über 150 - 250 Meter breite Kaskaden bis zu 50 Meter in die Tiefe stürzt. In ruhigen Zonen fanden wir Nilkrokodile, Crocodylus niloticus, die aber sehr scheu waren und bei Annäherung sofort ihre Sonnenplätze verließen. Interessant war für uns die Beobachtung, daß das am Ufer liegende Weibchen scheinbar die im Wasser befindlichen Jungtiere bewachte. Von Letzteren konnten wir nur die Nasenöffnungen auf dem Wasserspiegel beobachten, die bei Bewegung sofort wieder verschwanden

Am frühen Morgen angekommen, überraschten wir einen noch etwas trägen Nilwaran (Varanus niloticus), der sich mit seinen ca. 1,20 m durch das abgetrocknete Gras wand. Weitere Exemplare beobachteten wir gegen Mittag am Ufer des Awash. Diese Exemplare entwickelten aber eine Geschwindigkeit, die nur „Schappschüsse" ermöglichte.

Auch Testudo sulcata, die Spornschildkröte, deren Männchen sich durch exponierte Kehlplatten und -schilder auszeichnen, ließ sich nachweisen. Von einem Weibchen dieser Art konnten wir allerdings nur noch die Überreste untersuchen. Aasfresser, in erster Linie aber die allgegenwärtigen Ameisen hatten den Skelettierungsprozess bereits soweit vorangetrieben, daß sich die Hornplatten mühelos vom Skelett ablösen ließen. Überhaupt ist es erstaunlich, wie häufig bei Exkursion in den Nationalparks, Skelettreste zu finden waren. Man hat zum Teil den Eindruck, sich auf einem prähistorischen Friedhof zu bewegen.

 

 

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