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Exkursionen in Sri Lanka

Text und Fotos: Evelin und Helmut Stallknecht

Der Monsun kehrt zurück

Längst waren die mit dem Landeanflug zusammenhängenden Aufforderungen an die Fluggäste durch den Lautsprecher erklungen. Wir starrten durch die Fenster in die weiße, wabernde Wolkenmasse, um einen ersten Blick auf die Insel zu erhaschen. In unsere Erwartung hinein polterte es plötzlich, und wir waren unten. Außer der Landebahn, ein paar verschwimmenden Palmenumrissen und einigen auf die gelandete Maschine zufahrenden Autos sahen wir nichts. Es regnete wie aus Kannen. Die Flugbesatzung verabschiedete sich ausgesprochen heiter und wünschte uns gute Erholung sowie erlebnisreiche Tage.

Beim Warten auf den Bus, der uns vom Flughafen über Colombo nach Beruwela bringen sollte, schüttete es weiter. "Tropenregen sind kurz und heftig", hatten wir gelesen. Nun, wir waren ja auch erst kurze Zeit hier.

Als wir nach drei Stunden Fahrt in Beruwela ankamen, regnete es noch immer. "Never before it was raining so much in this month", erklärte man uns bei der Zimmerzuweisung. Eigentlich sei die Regenzeit im August beendet gewesen, nach fast vier Wochen mit nur wenig Regen sei aber in der letzten Septemberwoche der Südwest-Monsun zurückgekehrt, und nun regne es bereits den dritten Tag hindurch.

Am nächsten Morgen goß es immer noch. Wir versuchten, das Beste daraus zu machen und beteiligten uns an einer Bus-Rundreise quer über die Insel, um die touristischen Sehenswürdigkeiten zu erleben. Je weiter die Fahrt nach Norden und Osten ging, desto öfter riß die Wolkendecke auf und gab den Blick auf einen geradezu unglaublich blauen Himmel wenigstens stellenweise frei. Schaute ich dagegen in die Gewässer, so war dieser Eindruck deprimierend: Wahre Schlammassen trübten Kelani, Kalu und Mahaweli, und im Tiefland standen Reisfelder und Wohnsiedlungen quadratkilometerweise unter Wasser.

Im Hügelland trafen wir fast überall die gleichen Verhältnisse an. Doch interessierte uns zunächst einmal das Elefanten-Waisenhaus Pinnawela. Dort werden aufgefundene Babys und Jungelefanten bis zur möglichen Auswilderung aufgezogen. Abseits von den für Besuchern zugänglichen Anlagen trifft man bereits fast erwachsene Tiere unter Wildbahnbedingungen an. Sri-Lanka-Elefanten sind durch ihre rot-goldene Stirn- und Rüsselpartie sowie die schwarz gerandeten Ohren farblich außerordentlich attraktiv.

Andere Fahrtziele waren die Ruinen der alten Hauptstadt Polonaruwa, der berühmte Shigiriya-Felsen mit den Fresken der Wolkenmädchen sowie die Stadt Kandy, deren Zahntempel ein buddhistisches Heiligtum darstellt.

Im Botanischen Garten Peradeniya bei Kandy

Neben den vielen Sehenswürdigkeiten, die dem Besucher dieser seit 1821 etwa in jetzigen Umrissen existierenden Anlage gezeigt werden, darunter der 1861 gepflanzte größte Ficus benjamina der Welt, interessierte uns vor allem die von PETHIYAGODA aufgeworfene Frage nach dem Bezugsbaum bei der Benennung von Rasbora vaterifloris. Bei der wissenschaftlichen Formulierung des Artnamens muß ein Irrtum vorgelegen haben. "vaterifloris" bezieht sich im Vergleich auf die Blütenfarbe eines Baumes, Vateria acuminata, der in Sri Lanka "Hal-Baum" genannt werde. DERANIYAGALA schrieb, und jeder, der etwas über den Perlmuttbärbling veröffentlicht, zitiert das: "Hal is Vateria acuminata, a tree with a bright orange colored flower, wich resembles in color the fins of this fish." Nun spielt viel weniger eine Rolle, daß Vateria acuminata inzwischen zu einem Synonym von Vateria copallifera geworden ist - aber die Blütenblätter dieses Baumes sind weiß, vielleicht noch cremefarben, niemals aber leuchtend orange!

PETHIYAGODA nimmt nun an, daß DERANIYAGALA etwas verwechselt hat. Geht man davon aus, daß er statt des "Hal-Baumes" den "Sal-Baum" gemeint hat, so hätte der freilich leuchtend orangefarbene Blüten. Das w„re aber keine Pflanze aus der Gattung Vateria. Es handelt sich vielmehr um Couroupita guianensis, einen wegen seiner Früchte "Kanonenkugel-Baum" genannten Vertreter aus der Familie der Myrtaceen, der erst 1881 aus Südamerika nach Sri Lanka eingeführt wurde. Und an die Farbe jener Blüten erinnert tatsächlich das Orangerot der Männchen des Perlmuttbärblings.

Während eines kurzen Aufenthaltes im Botanischen Garten Peradiniya wollte ich den "Sal-Baum" sehen. Der freundliche Assistent sagte mir jedoch, daß es zwei Bäume gäbe, die von der Bevölkerung "Sal" genannt werden. Zum einen, das sei richtig, Couroupita guianensis, und das sei auch der allgemein in Sri Lanka so bezeichnete Kanonenkugel-Baum. Aber zu den vielen Bäumen, unter denen der wiederkehrende Buddha geboren wurde, gehöre ein in Indien "Sal" genannter Baum, Shorea robusta. Welchen ich nun sehen möchte? Nun schilderte ich das "vaterifloris"-Problem, kam also auf den Vergleich der Flossen- und der Blütenfarbe zu sprechen. Der Herr lächelte. Gerade jetzt (Oktober 1994) sei das Ende der Regenzeit, der Südwest-Monsun, beide Bäume aber blühen während der Trockenzeit, etwa ein halbes Jahr zu früh oder zu spät sei ich da...

Schade, da ist man nun gerade einmal "vor Ort". Und eigentlich ist es ja auch gleichgültig, denn der Artname liegt fest, auch wenn Vateria der falsche Bezugsbaum ist. Es wird also deshalb keine Rasbora "couroupitifloris" geben, wie es auch keinen Tanz "Malmignatella" gibt. Alle Scheußlichkeiten nämlich, die den Taranteln angedichtet wurden (weil man sie sah), sind tatsächlich einer zu den "Schwarzen Witwen" gehörenden, versteckt lebenden Malmignatte eigen. Und der beschwörende, schweißtreibende oder extatische Tanz nach dem Biß dieser Spinne dürfte auch längst nicht mehr Tarantella heißen.

Zwischen Matugama und Agalawatta

In der zweiten Woche konnten wir nach einigen Erkundungstouren im Südwesten der Insel feststellen, daß offenbar im Bentota-Gebiet weniger Regen gefallen oder das Wasser schneller abgeflossen war. Inzwischen hatten wir in der Person von D. M. Somarathna einen deutsch und englisch gleich gut sprechenden Fahrer kennengelernt, und mit ihm gingen wir auf mehrere Fangfahrten.

"Hier werde kleine Fische fange", sagte "Rathna", strahlte uns mit dunklen Augen und blendend weißen Zähnen an, schlug blitzschnell links ein und hielt. Wir atmeten auf. Am dritten Tag gemeinsamen Fahrens zuckten wir zwar kaum noch, wenn er Slalom durch Fußgänger, Radfahrer, Busse, am Straßenrand dösende Rinder oder sich seelenruhig leckende und kratzende Hunde fuhr. Aber es war immer wieder ein gutes Gefühl, wenn er anhielt und wieder nichts passiert war.

Unser Ziel waren die Reisfelder an der Straße zwischen Matugama und Agalawatta im Südwesten von Sri Lanka. In den Verbindungsgräben stand das Wasser noch immer recht hoch. Wir hatten schon einige Fehlversuche hinter uns. Lediglich die allgegenwärtigen Barbus bimaculatus gingen uns in verschiedenen Altersstadien ins Netz. Ausgangs Matugama hatte sich aus einem blind endenden Reisfeldgraben ein kleiner Teich gebildet. Das Wasser war zwar keineswegs klar, doch hatten dichte Grasbestände zur Sedimentation und damit zu einer nur geringeren Trübung geführt. Das sah ganz gut aus. Vorsichtig lief ich zunächst zur Mitte hin, gerade so schnell, daß ich mit den langschäftigen Gummistiefeln nicht im weichen Boden versank, andererseits so langsam, daß nicht zu viel Schlamm aufgewirbelt wurde. Dann drehte ich mich zum Ufer, senkte das Handnetz ab und strich, es knapp über den Boden führend, Schritt für Schritt die überfluteten Pflanzen bis zu den ins Wasser hängenden Ästen der Uferbüsche ab. Beim ruckartigen Hochheben hatte ich zwar allerhand Zweige, Gras und Blätter im Netz, aber es zappelte dazwischen vielversprechend. Unsere Zusammenarbeit klappte gut. Während ich fing, kam mir meine Frau schon mit einer Sammelflasche aus klarem Kunststoff am Ufer entgegen. Während ich erst einmal vorsichtig das Gestrüpp entfernte, füllte sie die Flasche an einer anderen Stelle des Ufers mit sauberem Wasser.

Der erste Fisch, den ich ausmachen konnte, war ein Spitzschwanz-Männchen, Pseudosphromenus cupanus. So weit im Süden? Die Fundortangaben nach PETHIYAGODA liegen alle nördlicher. Aber dann: Aplocheilus parvus, der Zwerghechtling, ein Männchen, daneben aber auch ein paar kleine Fische, sowohl Weibchen als auch Jungtiere. Sie sprangen zum Rand des Netzes hin und konnten leicht geborgen werden.

Noch immer hatte ich das Netz nicht aus dem Wasser gehoben, weil mir einige Blätter die Sicht verdeckten und ich recht zart wirkende Fische gesehen hatte, die ich nicht gefährden wollte. Endlich war der Fang halbwegs sauber. Behutsam schöpfte ich die zarten Tiere aus einer Netzvertiefung und ließ sie in das Beobachtungsglas gleiten. Ein Blick genügte, schließlich war ich unter anderem auch auf diese Art aus: Horadandia atukorali.

Diese Fische kann man eigentlich nur aus der Literatur kennen, denn aquaristisch haben sie bisher keine Rolle gespielt. Auf den ersten Blick denkt man an eine kleine Rasbora-Art, doch sind die Anale mit sechs Strahlen und die Ausbildung der Seitenlinie Anlaß zur Aufstellung einer monotypischen Gattung geworden. Aber wenn man die Gattung Rasbora daraufhin abklopft, was sein kann und nicht sein darf, merkt man erst einmal, welch uneinheitliche Formenvielfalt in dieser Sammelgattung gelandet ist.

Drei sich regenwurmartig windende Fischchen von knapp drei Zentimeter Länge entpuppten sich als Lepidocephalichthys thermalis, steinbeißerähnliche Grundfische.

Unser freundlicher Fahrer hatte in dankenswerter Weise die heranströmende Kinderschar und ein paar erwachsene Dorfbewohner von uns abgelenkt und in Debatten verwickelt. Dieser Mann dort, erklärte er, habe schon über 20 Jahre hindurch Fische aus Sri Lanka in Aquarien, in Deutschland, und suche nun nach Fischen, die es dort nicht gibt.

Nun kam ich freudestrahlend mit meinen Winzlingen an. Kaum hatten die Umstehenden in den Beutel geschaut, machte sich Verwunderung breit, dann folgten Kichern und gewiß auch verächtliche Bemerkungen. Rathna drängte, weiterzufahren: "Keine gude Loide hier, sagen slechte Worde".

Kleine Fische sind so ziemlich das letzte, womit man hier imponieren kann. Dominieren auf dem Fischmarkt Haie, Thunfische, Makrelen, Schwertfische oder riesige Papageifische, so möchten es im Süßwasser mindestens - Tilapien sein. Tatsächlich sind Sri Lankas Seen und Staubecken voller "Tilapia"-Arten und -Kreuzungen. Ein Reiseleiter pries während der Bus-Rundfahrt diese "prächtigen Fische", mit denen auch die Süßgewässer Sri Lankas nennenswert genutzt werden können...

So kommt es, daß man die den Aquarianern vertrauten Arten in wirtschaftlich wenig genutzten Kleingewässern findet. Resttümpel, nach Überschwemmungen durch Absinken des Wasserstandes von Bächen oder Reisfeldkanälen isoliert, enthalten unmittelbar nach der Regenzeit erstaunliche Jungfischmengen. Nur durch ein erneutes Ansteigen des Wasserstandes nach ergiebigen Niederschlägen schaffen es die Schnellwüchser, wieder Anschluß an ein größeres Wassersystem zu finden.

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