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In Europa kaum bekannt: Horadandia atukorali DERANIYAGALA, 1943

Der Schildpatt-Bärbling

Helmut Stallknecht

Zu den für mich interessantesten Fängen in den Gewässern der Insel Sri Lanka gehörten die kleinen Fischchen, die ich am 2. Oktober 1994 in einem erweiterten Reisfeld-Graben zwischen Matugama und Agalawatta fing. Im niedrigen Ufergebüsch, zwischen Gräsern und Ästen, sah ich beim Heranschreiten von der Gewässermitte aus nur blitzende Schuppen. Vorsichtig ließ ich das Netz ins Wasser gleiten, führte es steil bis vor meine Füße und bewegte es, während ich die verbleibenden zwei Schritte zum Böschungsrand vorging, nicht hastig, aber zügig von unten hoch bis unter das Gebüsch.

Es verging einige Zeit, ehe ich vorsichtig Blätter, Gras und kleine Zweige aus dem flach im Wasser verbliebenen Netz entnommen hatte. Ich widerstand der Verführung, schon zwischendurch einmal das Netz trockenfallen zu lassen, um den lebenden Inhalt zu begutachten. Die Lufttemperatur betrug fast 40 oC, der Fangplatz war der Sonne ausgesetzt, und es war 11 Uhr vormittags. Unter diesen Umständen ist das „trockene" Herausnehmen der Fische ein großes Risiko und wird gewöhnlich von den Tieren mit anschließend zerfallenden Flossen quittiert.

Da mein Laufen im Gewässer für eine leichte Trübung gesorgt hatte, schöpfte meine Frau Wasser von einer noch klargebliebenen Stelle und reichte mir zwei Plastikflaschen, als ich das Netz freigeräumt hatte. Vorsichtig schob ich die geöffnete Hand, den Netzstoff nach unten drückend, unter die in einer Ecke versammelten Fische, schöpfte einige mit etwas Wasser heraus und ließ sie in die Flasche gleiten. Zwerghechtlinge, Aplocheilus parvus, Spitzschwänze, Pseudosphromenus cupanus, und – „Horadandia", rief ich meiner Frau zu.

Nun mag sich mancher Aquarianer fragen, was wohl meine Frau mit diesem Gattungsnamen anfangen konnte, den kaum ein Aquarianer kennt. Aber sie hat immerhin über 20 Jahre meiner Aquaristik mitgemacht, 15 Jahre davon redaktionell für „Aquarien Terrarien" gearbeitet und kennt Hunderte von Fisch- und Pflanzennamen, vor allem ihre richtige Schreibweise! In der Vorbereitungszeit unserer Sri Lanka-Reise hatten sie zwar die Ruinen von Polunaruwa und die Fresken am Shigiriya-Felsen mehr als meine Literaturarbeiten interessiert. Aber es blieb ja nicht aus, daß wir beim Einnehmen der häuslichen Mahlzeiten schon wochenlang in Vorfreude schwelgten, und da nervte ich gewiß mit dem Abschnurren der mich interessierenden Fischarten „Schöne graue Fische?" hatte sie dann lächelnd gegengefragt, wenn ich von solchen Arten schwärmte. Nun kam ich mit silberglänzenden Fischchen von 1,5 bis 2,5 cm Länge aus dem Graben geklettert und präsentierte ihr meinen Fang.

Manchmal behandelt sie mich doch psychologisch recht geschickt: Kein Wort von kleinen und wenig attraktiven Tieren, dagegen Verwunderung, daß ich so sicher bei der Artansprache sei. Es könnten ja immerhin auch Jungfische von einer anderen Art sein.

Dieser prinzipiell richtige Einwand ließ mich überlegen, welche Bärblinge von Sri Lanka ähnlich aussehende Jungfische haben könnten. Einzig Rasbora vaterifloris hat einen ähnlichen Körperumriß, und ehe die orangerote Färbung einsetzt, sehen solche Jungtiere tatsächlich wie Horadandia atukorali aus. Bei konsequenter Durchführung einer Revision der Gattung Rasbora bietet es sich förmlich an, die beiden Arten von Sri Lanka unter dem von BRITTAN vorgeschlagenen (Unter-)Gattungsnamen als Rasboroides atukorali und vaterifloris zu erfassen. Nehmen doch diese beiden Arten ohnehin auch mit 6 Analstrahlen eine Ausnahmestellung innerhalb der alten Rasbora-Auffassung ein.

Obgleich weitaus mehr Tiere in diesem Reisgraben waren, beschränkte ich mich auf lediglich acht Stück. Es gelang mir, diese hinfällig aussehenden Fischchen sowohl 18 Tage lang in unserer Unterkunft zu hältern als auch verlustlos nach Hause zu bringen.

Nach einwöchiger Quarantäne und reichlicher Fütterung mit Zyklops und Diaptomus richtete ich ein Laichbecken mit einem Lochfolien-Laichschutz und einem Büschel Javamoos her. Frisches Leitungswasser (8 odGH, pH 7,0, 26 oC) machte den acht Fischen nichts aus. Leider entzogen sie sich aber jeder Beobachtung und schossen entweder wild durcheinander, wenn ich mich ihnen näherte oder verbargen sich im Javamoos.

Als ich meinte, zwei der Weibchen seien deutlich schlanker geworden, brach ich den Versuch ab und fütterte die Fische erst einmal wieder.

Trotz ihrer geringen Größe lassen sich Männchen und Weibchen gut unterscheiden. Zwar war bisher keines meiner Weibchen so füllig, wie das von PETIYAGODA (1991, S.80) abgebildete, aber die etwas größeren und gedrungeneren Exemplare heben sich deutlich von den Männchen ab. Deren ansteigende Rückenlinie ist lang und gerade, mit zunehmendem Alter erscheint der Kopf deutlich abgesetzt. Die der Weibchen ist gewölbt und kürzer, steigt auch gleichmäßiger vom Kopf bis zur Rückenflosse an. Die Schwanzstiele der Männchen sind gestreckter und dünner. Im Gegenlicht wirken die Flossen der Männchen dunkelgrau, die der Weibchen klar. Bei auffallendem Licht zeigen die Männchen einen schwärzlichen Anflug auf dem Silberglanz, während die Weibchen eher gelblich braun wirken. Vor allem nach Frischwassergaben, wenn das Balzverhalten der Männchen über dem Javamoos einsetzt, verdunkeln sich Körper und Flossen der Männchen. Dennoch wird außer einem intensiveren Grau keine attraktivere Farbe sichtbar.

Das Javamoos nahm ich heraus und brachte es in ein anderes Aquarium, in dem ein Trupp kleiner Microrasbora rubescens von 10 Tagen Alter heranwuchs. Als ich diese Jungfische im Alter von einem Monat in ein größeres Aufzuchtbecken umsetzte, fiel mir auf, daß zum Unterschied von den meisten Tieren, deren Augen grün glänzten, einige mit rötlich schimmernden Augen vorhanden waren. Und in der Tat entpuppten sie sich im Verlaufe des weiteren Heranwachsens als junge Horadandia. Sie schwammen auch nicht in Oberflächennähe, wie die sich zunehmend rötlich einfärbenden Microrasbora. Schon bald suchten die Jungfische im Mittelwasser und in Bodennähe nach Futter, hielten sich aber stets als Gruppe zusammen.

Mehrere weitere Versuche, diese Zwergbärblinge in größerer Anzahl zu vermehren, schlugen fehl. Schuld hatte wohl ich, weil ich nur eine kleine Ludwigia-Ranke als Laichsubstrat anbot, um bessere Beobachtungsmöglichkeiten zu haben. Zwar sah ich nun auch das Balz- und Paarungsverhalten, doch verzehrten die nicht an den Laichakten beteiligten Tiere die an den Blättern haftenden sowie die absinkenden Eier. Erst ein erneuter Ansatz mit Javamoos führte zu weiteren Jungfischen, so daß inzwischen ein kleiner Schwarm von Nachzuchttieren vorhanden ist.

Übrigens sind die Eier sowie die Jungfische sehr klein. Man sieht die Jungen aus dem Javamoos erst im freien Wasser erscheinen, wenn sie etwa 6 mm Länge erreicht haben. Mit etwa einem Zentimeter Länge schließen sie sich bereits zeitweilig dem Trupp der erwachsenen Tiere an, kehren aber noch immer wieder in den Jungfischbereich zurück.

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