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Der Raspelzahnmesserfisch, Sternarchogiton nattereri (Steindachner, 1868)

Text und Bilder K. Arendt

Südamerikas Messerfische (Ordnung Gymnotiformes) sind Stiefkinder der Aquaristik und obwohl sie hochinteressante Verhaltensweisen zeigen interessieren sich nur sehr wenige Spezialisten für diese Fische. Dies liegt zum einen an der meist nächtlichen Lebensweise dieser Tiere zum anderen sicher auch daran dass die meisten Messerfische nicht gerade besonders bunt sind. Viele Messerfische sind zudem verhältnismäßig heikel und ihre Vermehrung gilt als sehr schwierig. Trotzdem faszinieren diese skurrilen Fische durch ihre merkwürdige Körperform und Schwimmweise jeden Betrachter. Ihre Fähigkeit, sich mittels elektrischer Impulse selbst in völliger Dunkelheit orientieren zu können gibt ihnen eine Aura des Geheimnisvollen. Zu den merkwürdigsten Gestalten unter den Messerfischen zählt zweifellos der erst kürzlich erstmals aus Peru lebend nach Deutschland gelangte Raspelzahnmesserfisch, Sternarchogiton nattereri (Familie Apteronotidae). Importeur dieser Fische war Aquarium Glaser in Rodgau.

    Das Verbreitungsgebiet von S. nattereri erstreckt sich offenbar vom mittleren bis zum oberen Amazonas. Typusfundort der Art ist Manaus in Brasilien. Ursprünglich waren diese Fische als Sternarchus nattereri beschrieben worden. Importiert wurden diese Messerfische unter dem Namen Oedemognathus exodon Myers, 1936. Myers hatte dieses Taxon nach Fischen aus den Rio Ampiyacu in Peru beschrieben. Heute gilt dieser Name aber als Synonym zu S. nattereri. Raspelzahnmesserfische sind mit ihrer rosa Färbung mit einem metallisch graublauen Glanz schon sehr ungewöhnliche Erscheinungen. Besonderes eindrucksvoll, ja fast gruselig wirkt der Kopf. Das Maul weist nämlich außen am Kiefer sitzende spitze konische Zähne auf. Dies ist bei Messerfischen einmalig und sonst in Südamerika nur von Salmlern aus verschiedenen Gattungen bekannt. Man denke z.B. an die Fische der Gattungen Exodon Müller & Troschel, 1844 oder Roeboides Günther, 1864. Diese nutzen ihr so modifiziertes Maul indem sie anderen Fischen Schuppen von den Körperseiten raspeln und sich so als Parasiten Nahrung verschaffen. Daher schien es zumindest denkbar, dass S. nattereri ebenfalls eine parasitäre Lebensweise als spezialisierter Schuppenfresser führen könnte. So war ich natürlich äußerst gespannt ob diese Vermutungen sich im Aquarium bestätigen würden. Mein etwa 16 cm langes Einzelexemplar gewöhnte sich im Aquarium mit mittelharten Wasser bei einer Temperatur zwischen 23° und 27°C recht schnell ein. Tagsüber hielt sich das Tier meist im Schutz von Wurzeln auf und wurde erst nach längerer Zeit auch tagsüber aktiver. Entgegen den Befürchtungen verhielt es sich gegenüber den Mitbewohneren, vorwiegend anderen Messerfischen aber auch wenigen größeren Salmlern, sehr friedlich was ist bei vielen anderen Messerfischarten nicht unbedingt der Fall ist.

    Bereits nach wenigen Tagen ging mein S. nattereri an das angebotene Futter. Gefressen wurden anfangs nur lebende rote Mückenlarven. Später wurden auch gefrorene schwarze, weiße und rote Mückenlarven angenommen. Das Futter wurde fast ausschließlich vom Boden oder verschiedenen Einrichtungsgegenständen aufgenommen und nur in seltenen Ausnahmefällen aus dem Freiwasser geschnappt. Bei der Futteraufnahme benutzte das Tier seine außen sitzenden Zähne wie eine Art Kamm zum Wühlen und Stöbern. Daher kann vermutet werden, dass S. nattereri in der Natur ihre Zähne bei der Nahrungssuche in der Art benutzen, dass sie mittels ihres elektrischen Ortungssystems Insektenlaven im Aufwuchs, zwischen Falllaub und in Spalten suchen und die Beute hernach mit Hilfe ihres Kammes freiraspeln und herausziehen. Interessanterweise zeigte auch nach längerer Zeit keiner der anderen Fische in Aquarium Anzeichen eines Schuppenraubes wie dies bei schuppenfressenden Salmlern sicher der Fall gewesen wäre. Ich will diese Beobachtungen nicht überbewerten, denn es ist durchaus möglich, dass diese Messerfische in der Natur zumindest in Zeiten des Mangels andere Fische überfallen und von deren Schuppen rauben. Um dies festzustellen wären Magenuntersuchungen von der Natur entnommenen Raspelzahnmesserfischen wichtig, denn bis heute weiß man über die natürliche Nahrung dieser hochinteressanten Fische gar nichts.

 

Literatur:

Albert, J.S. & R. Campos-da-Paz (1998): Phylogenetic systematics of Gymnotiformes with diagnoses of 58 clades: a review of available data. –In Malabarba et al: Phylogeny and Classification of Neotropical Fishes. EDIPUCRS, Porto Alegre, Brasil: 419-446

Axelrod, H.R. & W.E. Burgess (1989): Dr. Axelrod´s Atlas Süsswasser Aquarienfische. –Bede-Verlag, 4. Aufl.

Campos-da-Paz, R. & J.S. Albert: The gymnotiform „eels“ of tropical America: A history of classification and Phylogeny of the South American electric knifefishes (Teleostei:Ostariophysi:Siluriphysi). In Malabraba et al: Phylogeny and Classification of Neotropical Fishes. EDIPUCRS, Porto Alegre, Brasil: 401-417

Mago-Leccia, F. (1994): Electric fishes of the continental waters of America. -Fundacion para es desarrollo de las Ciencias Fisicas, Matematicas y Naturales: 1-206, pls.

Myers, G.S. (1936): A new genus of gymnotid eels from the Peruvian Amazon. –Proc.Biol.Soc., Washington, 49: 115-116

Ortega, H. & R.P. Vari (1986): Annotated checklist of the freshwater fishes of Peru. –Smithson.Contrib.Zool., 437: iii & 25pp.

Steindachner, F. (1868a): Abhandlung über die Gymnotiden des Wiener Museums. –Anz.Akad.Wiss., Wien, 5(20): 176-177

Steindachner, F. (1868b): Die Gymnotidae des k.k. Hof-Naturaliencabinettes zu Wien. –Sitzungsber.Akad.Wiss., Wien, 58: 249-264

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