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Raubkugelfische

Text und Fotos
Kai Arendt

    Süßwasserkugelfische zählen aus verschiedenen Gründen nicht gerade zu den beliebtesten Aquarienfischen. Ihnen wird nachgesagt aggressiv und rauflustig zu sein und aufgrund ihrer gefährlichen Bezahnung andere Fische stark schädigen zu können. Auch sollen sie bisweilen dazu neigen Wasserpflanzen abzubeißen. Diese Befürchtungen bestehen leider bei den meisten Arten nicht ohne Grund. Andererseits wirken sie auf den Betrachter „intelligent“ und faszinieren allgemein durch ihr drolliges Aussehen und ihre hubschrauberartige Schwimmweise. Um es vorwegzunehmen, auch ich werde mit diesem Artikel leider nicht dazu beitragen können das schlechte Renommee dieser Fische bei den Aquarianern wesentlich zu verbessern. 

    Kugelfischen (Ordnung Tetraodontiformes, Familie Tetraodontidae) ist es wie vielen anderen Meeresfischen in tropischen und subtropischen Gebieten dieser Erde gelungen, in das Süßgewässer einzudringen und sich dort erfolgreich zu etablieren. Einige verbringen im Süßwasser ihren gesamten Lebenszyklus, so dass man sie als reine Süßwasserfische bezeichnen kann. So ist Rochen, Umberfischen, Heringen, Sardellen, Krötenfischen, einigen Plattfischen und Hornhechten und auch Angehörigen anderer Verwandtschaftskreise als primären Meeresfischen dieser Schritt gelungen. Sie sind in tropischen Süßgewässern in zahlreichen Arten zu finden. Die im Süßwasser lebenden Kugelfische sind interessanterweise überwiegend im tropischen Asien und Afrika beheimatet während im ansonsten sehr in dieser Beziehung sehr artenreichen Südamerika lediglich zwei Arten der Tetraodontidae (oder Colomesidae) der Gattung Colomesus gefunden wurden. Einige Süßwasserkugelfische  wie Tetraodon fluviatilis und einige Carinotetraodonarten sind in der Aquaristik seit langem bekannt. Bei wenigen Arten ist auch schon die Nachzucht im Aquarium geglückt.

Tetraodon suvattii Afrikanischer Raubkugelfisch, Tetraodon miurus Sunda-Raubkugelfisch, Tetraodon palembangensis

    Die Mehrzahl der „Vierzähner“, so heißt nämlich übersetzt der Gattungsname Tetraodon, sind Mollusken- und Crustaceenfresser, das heißt, sie ernähren sich überwiegend von Schnecken, Muscheln aber auch von Garnelen und Süßwasserkrabben. Ihre vier starken und scharfen Zähne sitzen auf wuchtigen und kraftvollen Kiefern. Sie sind hervorragend zum Knacken der meist sehr harken Mollusken- und Crustaceenschalen geeignet. Einige Kugelfische haben aber in der Entwicklungsgeschichte eine weitere Nahrungsquelle für sich erschlossen. Sie entwickelten sich zu piscivoren, d.h. fischfressenden Räubern. Ihr äußeres Erscheinungsbild und Verhalten versetzt sie sehr effektiv in die Lage Beutefischen aufzulauern und sie zu schlagen. Zusätzlich erbeuten diese Tiere wie ihre Verwandten Garnelen und andere Krebstiere, während Schnecken nur zur Not einmal erbeutet werden. Raubkugelfische besitzen eine verhältnismäßig langgestreckte Gestalt mit einer langen Schnauze. Ihr Kopf ist vergleichsweise riesig und nimmt manchmal mehr als ein Drittel der Körpergröße ein. Ihre recht variable Färbung tarnt die Fische auf verschiedenen Untergründen hervorragend. Die Fische sind auch in der Lage ihre Körperfarbe in beschränktem Ausmaß an die Umgebung anzupassen. Die Augen der Raubkugelfische sitzen weit ober und seitlich am Kopf und unabhängig voneinander beweglich. Sie ermöglichen ein gutes Beobachten der Umgebung. Die bei allen Kugelfischen der Fortbewegung dienenden Brustflossen sind transparent, so dass die potentielle Beute beschlichen werden kann, ohne das diese die Maneuvrierbewegungen des Räubers bemerkt. In der Regel lauern diese Fische jedoch bewegungslos und gut getarnt am Grunde der Gewässer auf ahnungslos vorbeiziehende Fischchen.

    Der Kongo-Raubkugelfisch Tetraodon miurus BOULENGER, 1902 ist im der Aquaristik seit längerem bekannt. Er wird bisweilen auch als Roter Kugelfisch und in den Angebotslisten der Zierfischexporteure als „Red Puffer“ bezeichnet. Viele Exemplare dieser Art besitzen nämlich eine rötliche Körpergrundfarbe. Allerdings ist zu bedenken, dass die Farbe gerade bei dieser Art ziemlich variabel ist. Es gibt eher sandfarbene oder gelbe, grünliche aber auch braune und sogar fast schwarze Tiere, so dass die Bezeichnung Roter Kugelfisch beileibe nicht für alle Tiere dieser Art zutreffend ist. Es wird gesagt, dass die eher hell gefärbten Exemplare Weibchen, die dunkleren Männchen seien. Ich kann diese Behauptung weder bestätigen noch dementieren, weil sich bei mir nie ein Verhalten der Kugelfische zeigte, was als Balzverhalten zu deuten war. Typusfundort von T. miurus ist der Ubangi Fluß bei Banzyville. Der Ubangi ist der wichtigste nördliche Nebenfluss des Kongo und bildet dort die Staatsgrenze zwischen den beiden Kongorepubliken. Die Art scheint aber im zentralen Afrika recht weit verbreitet zu sein. T. miurus sind mit etwa 15 cm Länge ausgewachsen und die Weibchen sollen etwas größer als ihre männlichen Artgenossen werden. Sie besitzen eine langgestreckte Gestalt mit großem Kopf, langen, spitz wirkenden Schnauze. Vom Kinn seitlich herab zum Bauch und von dort entlang der Bauchlinie ziehen sich zwei charakteristische Kanten. Dadurch wirken die Tiere recht kantig und erinnern ein wenig an die marinen Kofferfische. Ihre grün gefärbten Augen sitzen weit oben am Kopf. Im Aquarium hat sich diese Art als sehr territorial herausgestellt so dass es auf die Dauer unmöglich ist mehrere Tiere in einem Aquarium unter einem Meter Kantenlänge zu pflegen. Irgendwann werden unterlegene Tiere sehr stark verfolgt und auch gebissen. So kommt es unweigerlich zu Verlusten wenn man nicht rechtzeitig einschreitet. Allgemein können Kugelfische mit ihren kräftigen Kiefern und den vier scharfkantigen und großen Zähnen Mitinsassen durch Bisse in kurzer Zeit schwer verletzen. Aus diesem Grunde ist auch beim Herausfangen und Umsetzen von Kugelfischen größte Vorsicht geboten. Im allgemeinen genügt ein Biss dieser Tiere um große Mengen von Muskelgewebe aus dem Opfer herauszutrennen. Der Biss ist etwa mit dem von Papageien zu vergleichen und für große Exemplare ist auch ein Fingerknochen kein nennenswertes Hindernis. Man sollte also Kugelfischen mit größtem Respekt begegnen und dafür sorgen, daß Kinder und andere unerfahrene Personen auf keinen Fall die Möglichkeit haben etwa ihre Finger in ein Aquarium mit den possierlichen Kugelfischen zu stecken. Eingewöhnte Tiere sind immer neugierig und hungrig und schnell ist einmal ein Finger etwa mit einem Regenwurm verwechselt.

Afrikanischer Raubkugelfisch bei Belauern der Beute T. miurus hat Beute gemacht Portrait von T. miurus Pärchen von T. miurus

    Nach meinen Beobachtungen besetzen T. miurus Reviere und orientieren sich dabei an markanten Einrichtungsgegenständen wie Pflanzen, Wurzeln oder Steinen. Während in zu kleinen Aquarien bald das größte und kräftigste Tier alle anderen Artgenossen verbeißt ist es möglich in großen Aquarien ab etwa 150 cm Länge mit möglichst großer und durch Sichtbarrieren gut gegliederter Grundfläche auch mehrere dieser Fische zu vergesellschaften. Besonders gern mögen T. miurus Geröll- oder Laubgrund. Dort verschwimmen sie mit dem Untergrund fast vollkommen und man muß schon genau hinsehen um sie zu erkennen. In dieser Umgebung liegen die gut getarnten Kugelfische regungslos mit stets leicht erhobenem Kopf in ihrem Revier. Nur die Augen sind stets in Bewegung. Über Sandgrund gehaltene Kongo-Raubkugelfische graben sich gern in diesen ein und lauern verborgen auf Beute. Die beweglichen Augen beobachten unablässig die Umgebung und halten nach Beutetieren Ausschau. Zwischen den Ruhe- und Lauerphasen patroullieren die erstaunlich agilen Fische aber immer wieder durch ihr Revier. Dringt ein Eindringling in das Revier dieser Kugelfische ein werden diese Tiere sofort unruhig. Vor Erregung reißen sie dann den Kopf nach oben und beginnen auf der Stelle hin und her zu rutschen. Das Maul wird geöffnet und manchmal ziehen die Tiere ihre Lippen zurück um dem Gegner ihre gefährlichen Zähne zu zeigen. Meist genügt dies um den Kontrahenten sofort in die Flucht zu schlagen. Ist dies nicht der Fall bleibt eine Konfrontation nicht aus. Blitzschnell können diese Tiere dann auf den Gegner zuschießen und zubeißen. In zu kleinen Aquarien wird dieser während der Flucht weiter attackiert, in die Enge getrieben und mit Bissen traktiert. In großen Aquarien kommt es an den Reviergrenzen zwischen gleich starken Nachbarn immer wieder zu gegenseitigen Drohgebärden, die in der selben Art verlaufen wie oben beschrieben. Die Gegner hüten sich dabei aber vor dem Überschreiten der eigenen Reviergrenzen.

    Probleme kann es allerdings während der Fütterung geben. Dann bleibt es manchmal nicht aus, daß ein Kugelfisch vor Gier in das Territorium des Nachbarn eindringt, was dann unter Umständen zu wüsten Beißereien führen kann. Leider werden von diesen Fischen auch andere Mitinsassen, selbst wenn sie größer als die Kugelfische selbst sind, als Reviereindringlinge attacktiert. In deren Verhaltensmuster ist das Drohverhalten der T. miurus nicht archiviert und so werden diese oft direkt gebissen, was dann zu gravierenden Verletzungen führt. Aus diesem Grunde kann ich nur davon abraten, die Kongo-Raubkugelfische mit anderen Fischen zu vergesellschaften.

    Der Beutefang geht wie folgt von sich. Regungslos und gut getarnt liegt der Räuber auf dem Grund. Er wird daher von seinen Beutetieren, Garnelen und kleinen Fischen, nicht wahrgenommen. Die kleine Fische spielen ahnungslos in der Strömung. Der Raubkugelfisch hat sie aber schon seit geraumer Zeit im Visier und fixiert sie mit seinen unabhängig voneinander zu bewegenden Augen. Geduldig wartet er auf seine Chance. Sind die Beutetiere zu weit entfernt kriecht er langsam und unmerklich mit Hilfe seiner fächelnden durchsichtigen Brustflossen auf sie zu. In Reichweite der Beute wird diese noch einmal zur Abschätzung der Entfernung fixiert. Ist er sich sicher schlägt der Räuber blitzschnell zu. Er reißt sein Maul auf, durch den entstehenden Unterdruck wird die überraschte Beute angezogen und mit den scharfen Zähnen gepackt. Wenn sie klein genug ist wird sie sofort als ganzes verschlungen. Aus größeren Beutefischen wird unter Rütteln des ganzen Körpers ein Stück herausgetrennt oder die Beute einfach entzwei gebissen. Das Stück wird verschlungen, während die nunmehr in der Regel manövrierunfähige Beute zu Boden sinkt. Nach den Verschlingen des ersten Happens erfolgt der zweite Angriff. Wieder wird unter Rütteln des Körpers ein Stück herausgetrennt. Die geht so lange bis der Kugelfisch satt ist. Bei zierlicherer Beute rütteln die Kugelfische nicht. Hier reicht die Kraft der Kiefer aus um mundgerechte Stücke aus der Beute trennen. Das Rütteln bewirkt im Grunde nur ein seitliches Schneiden der scharfen Zähne was bei großer Beute das Heraustrennen erleichtert. Ähnlich verfahren im übrigen auch die Haie und Piranhas beim Zertrennen der Beute.

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