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Zwei Elefantenmesserfische aus der Familie Apteronotidae

Text und Foto Kai Arendt

 Sternarchorhamphus muelleri

Die südamerikanischen Messerfische der Ordnung Gymnotiformes erfreuen sich in Aquarianerkreisen nicht gerade besonders großer Beliebtheit. Sie sind überwiegend nachtaktiv, manchmal sowohl aggressiv untereinander als auch gegenüber Mitinsassen und gelten als schwierig zu pflegen und kaum zu züchten. Viele Arten scheinen obendrein ziemlich krankheitsanfällig zu sein. Aus diesen Gründen weiß man über das Verhalten der meisten Messerfische nur recht bruchstückhaft Bescheid. Messerfische haben in der Neotropis in etwa die gleichen ökologischen Nischen besetzt wie in Afrika die Mormyriden. Beide Verwandtschaftskreise leben nachtaktiv und sind in der Lage sich mit Hilfe der von ihnen in speziellen Körpergeweben erzeugten elektrischen Felder zu orientieren und Beute zu finden. Auch sind sie in der Lage die schwachen elektrischen Felder ihrer Beutetiere zu orten. Es verwundert also nicht allzu sehr, dass es im Verlauf der Evolution zu parallelen Anpassungen (Konvergenz) kam, die sich auch auf den Körperbau beziehen. Die bekannten Elefantenfische Afrikas mit ihrer rüsselartig verlängerten Schnauze finden ihre Pendents in einigen Gattungen der neotropischen Messerfischfamilien Rhamphichthyidae und Apteronotidae.

   Jetzt sind zwei skurrile Arten aus der Familie Apteronotidae nach Deutschland importiert worden. Sternarchrhynchus curvirostris (Boulenger, 1877) kam aus Brasilien zu uns. Diese Art wird ausgewachsen über 20 cm groß und hat eine lange, rüsselartige, in einem Bogen nach unten gekrümmte Schnauze. In Gegensatz dazu ist die Schnauze von Sternarchorhamphus muelleri (Steindachner ,1881) nicht gekrümmt und vergleichweise kürzer. Auch sie kann über 20 cm Länge erreichen und wurde aus Peru importiert. Beide Arten wurden ursprünglich unter dem Gattungsnamen Sternarchus beschrieben. Während Sternarchorhamphus Eigenmann in Eigenmann & Ward, 1905 eine monotypische Gattung ist werden zu der Gattung Sternarchorhynchus Castelnau, 1855 heute sechs wissenschaftlich beschriebene Arten gezählt. Typusart ist Sternarchrhynchus oxyrhynchus Müller & Troschel, 1849.

Sternarchorhynchus curvirostris

   Es ist mir ein Rätsel wie die bereits fast ausgewachsenen Exemplare der beiden Arten unbeschadet und in wirklich gutem Zustand Deutschland erreichen konnten. Wir hatten nämlich seinerzeit mit der nah verwandten Art Sternarchorhynchus roseni Mago-Leccia, 1994 diesbezüglich üble Erfahrungen gemacht. Diese Art ist in den zentralen Llanos Venezuelas weit verbreitet und wir konnten sie im Rio Orituco bei Calabozo (Einzugsgebiet des Rio Guarico) mehrfach fangen. Trotz vorsichtigster Behandlung bekamen diese empfindlichen Tiere bereits kurz nach dem Fang entzündete Hautstellen die sich schnell ausbreiteten und an denen die Tiere wenig später verstarben. Im Weißwasser des Orituco fanden wir S. roseni immer einzeln an Stellen die der Strömung mäßig exponiert waren. Meist hielten sich diese Fische tagsüber eng an Wurzelholz oder Baumstämme geschmiegt. Einige Exemplare gingen uns aber auch zwischen belaubten Zweigen oder unter der Uferböschung ins Netz. Nie fanden wir jedoch mehrere Tiere gemeinsam an einer Stelle.

   Dies sollte man bei der Aquarienhaltung dieser urtümlich anmutenden Fische unbedingt beachten. Auch S. curvirostis als auch S. muelleri verhalten sich nicht nur in der Natur sondern auch im Aquarium territorial gegenüber Artgenossen und verteidigen ihre Unterstände sehr heftig. Daher muss man für die erfolgreiche Pflege dieser beiden Arten unbedingt große Aquarien mit vielen Deckungsmöglichkeiten in Form von Wurzelholz wählen. Alle Tiere müssen in jedem Fall einen sicheren Unterstand besetzen können sonst kommt es früher oder später zu Verletzungen oder gar Verlusten. Ebenso wichtig ist ein Bodengrund aus feinem Sand. Beide Arten versenken nämlich ihre Rüssel auf der Suche nach vergrabenen Beutetieren gern im Substrat. Ist dieses zu grob oder gar scharfkantig kann es zu bösen Wunden kommen. Da die Tiere keine schnellen Fresser sind ist eine Haltung im Artbecken auf jeden Fall der Vergesellschaftung mit anderen Fischen vorzuziehen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Elefantenmesserfische auch genügend Nahrung finden. Anfangs wurden bei mir nur lebende rote Mückenlarven oder Tubifex angenommen. Sie sinken zum Boden und graben sich dort teilweise ein. Jetzt beginnt ein merkwürdiges Schauspiel. Die Messerfische werden aktiv und kommen aus ihren Unterschlüpfen. Mit gesenktem Kopf schwimmen die Fische vor und zurück und auch seitlich pendelnd dicht über dem Sand. Hierbei nutzen sie ihre lange Afterflosse als Antriebsorgan. Wellenbewegungen in verschiedene Richtungen ermöglichen diesen Messerfischen ein präzises Rückwärts- und Vorwärtsmaneuvrieren. Hierbei „scannen“ sie den Bodengrund mit Hilfe elektrischer Felder. Die stark rückgebildeten Augen spielen im Leben der Elefantenmesserfische nur eine untergeordnete Rolle. Ist ein Beutetier ausgemacht stellen sie sich steil mit dem Kopf nach unten über dem Opfer auf, tauchen mit der Schnauze teilweise bis zu den Augen ins Substrat und greifen die Beute zielsicher. Hierbei stellt sich S. muelleri aufgrund seiner nicht gebogenen Schnauze fast senkrecht, während S. curvirostris doch flacher eintaucht. Sie suchen mit ihren röhrenförmigen Schnauzen aber auch sehr geschickt Felsspalten, Kavernen im Wurzelholz oder Laubschichten ab. Ich habe deshalb im Aquarium stets in den Ecken abgebrühte Buchen- und Eichenblätter ausgelegt. Nach der Eingewöhnungsphase wurden bei mir sogar gefrostete rote und schwarze Mückenlarven angenommen aber auch lebende weiße Mückenlarven aus dem Freiwasser erbeutet. Ich halte meine Rüsselmesserfische bei schwankenden Temperaturen um 27°C mit geringer Strömung. Die Rüsselmesserfische wurden von Aquarium Glaser, Rodgau importiert.

 Literatur:

Albert, J,S. & R. Campos da Paz (1998): Phylogenetic systematics of Gymnotiformes with diagnoses of 58 clades: a review of available data: 419-460 in: Malabarba, L.R. et al: Phylogeny and classification of neotropical fishes: -EDIPUCRS, Porto Alegre

Boulenger, C.A. (1887): An account of the fishes collected by Mr. C. Buckley in eastern Ecuador: -Proc.Zool.Soc., London, 1887 (2): 274-283, pls. 20-24

Campos da Paz, R. (1995): Revision of the South American freshwater fish genus Sternarchorhamphus Eigenmann, 1905 (Ostariophysi: Gymnotiformes: Apteronotidae), with notes on ist relatioships. – Proc.Biol.Soc., Washington, 108(1): 29-44

Campos da Paz, R. (2000): On Sternarchorhynchus Castelnau: a South American electric knifefish, with descriptions of two new species (Ostariophysi: Gynmotiformes: Apteronotidae). – Copeia 222(2): 521-535

Mago-Leccia, F. (1994): Electric fishes of the continental waters of America. –Fundacion para el desarrollo de las Ciencias Fisicas, Matematicas y Naturales: 1-206

Steindachner, F. (1881a): Beiträge zur Kenntnis der Flussfische Südamerikas (III) und Ichthyologische Beuträge (XI). –Anz.Akad.Wiss., Wien, 18(11): 97-1000

Steindachner, F. (1881b): Beiträge zur Kenntnis der Flussfische Sädamerikas. III. –Denkschr.Akad.Wiss, Wien, 44: 1-18

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