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Teil 1: Am Pozo Azul
von Kai Arendt
Eine unserer mehrtägigen Exkursionen führte uns im Januar 1997 in den Süden Venezuelas, in die Gegend um Puerto Ayacucho. In dieser chaotischen und sehr heißen, direkt an den Katarakten des Orinoco gelegenen Stadt wollten wir für zwei Tage unser Quartier aufschlagen um einige Fischbiotope südlich dieses Ortes zu erkunden. Wir waren von Calabozo in den zentralen venezolanischen Llanos genau zwei Tage gefahren und das bei zeitweise unsäglichen Straßenverhältnissen. Bei einer Hitze von 40°C im Schatten wahrhaft nicht immer ein Vergnügen. Der erste Tag führte uns durch die zur Trockenzeit ausgedörrten und öde wirkenden Llanos von Calabozo über El Sombrero, Chaguaramas und Las Mercedes nach Cabruta am Orinoco. Hierbei war besonders die letzte, besonders lange Etappe bis Cabruta beschwerlich. Die zwar asphaltiere Straße war alle paar hundert Meter aufgerissen und mindestens knietiefe Schlaglöcher zwangen dazu, nur noch Schritt zu fahren. Einige Fahrzeugwracks in der Einöde mahnten den Reisenden. Hier war weit und breit keine Ansiedlung, nur trockenes Buschland und dann und wann eine verdurstende Kuh zu sehen. Was wäre wenn wir hier liegen blieben. Aber unsere Fahrer Arcadio und Herr Thiemicke brachten uns sicher und ohne Schaden zum Orinoco.
Von Cabruta setzten wir mit der Fähre nach Caicara auf der anderen Seite des Orinoco über, wo uns eine unbeschreibliche Nacht in einem ebenso unbeschreiblichen Hotel erwartete. Pharaoameisen, Mosquitos und gewaltige südamerikanische Schaben erfreuten uns die ganze Nacht. Zum Glück fehlten Bettwanzen an diesem Standort ganz. Übrigens hielt es der Hotelier für überflüssig, die Betten für jeden neuen Gast auch neu zu beziehen. Eine Party auf dem Platz vor dem Hotel mit lebensfrohen aber auch lauten Merenguerhythmen sorgte zusätzlich für Stimmung und eine kurze Nacht. Wenigstens hatten wir rechtzeitig für Rum gesorgt...
In aller Frühe weckte uns ein Trupp grüner Arapapageien, der laut
krakeelend über unserem Hotel eine Schleife zog. Nach einem Morgenkaffee am
Ufer des Orinoco und einem Frühstück wahlweise aus Fischsuppe mit Cachama (Colossoma
bidens) oder gebratenem Pavon (Cichla temensis) mit Arepas (frittierter Kloß
aus Maniok) ging es wieder auf die im weiteren Verlauf erstaunlich gute, weil
noch neue Straße über Los Pijiguaos nach Puerto Ayacucho, wo wir gegen Abend
ankamen. In Venezuela ist es üblich, daß Fahrzeuge, die die Grenze von einem
Bundesstaat zum anderen überqueren von der Guardia Nacional, der Nationalgarde
kontrolliert werden. Diese Kontrollstationen, „Alcabales" genannt, sind
in etwa mit jenen zu vergleichen, die zwischen den einzelnen Staaten Europas
existieren. Manchmal wird man einfach durchgewinkt, oftmals müssen jedoch alle
aussteigen, ihre Pässe vorzeigen und werden befragt und manchmal auch
durchsucht. Puerto Ayacucho liegt nun direkt an der Staatsgrenze zu Kolumbien,
die dort durch den Orinoco gebildet wird. Obendrein ist die Stadt das
Einfallstor zu den weiter südlich gelegenen und von der venezolanischen
Regierung geschützten Indianergebieten. Kurz und gut, vor Puerto Ayacucho
häufen sich jene Alcabales und hier steigt man in jedem Fall aus. Mit
vorgehaltener Waffe wird man befragt und der Wagen durchsucht.
Ein ziemlich
mulmiges Gefühl, denn hier sind die Nationalgardisten verwegen aussehende
Gesellen mit grimmig dreinschauenden Gesichtern, die wenig Spaß verstehen, wie
man uns mehrfach eindringlich versicherte. Sie halten ihre Maschinenpistolen
nicht ohne Grund ständig schußbereit, denn hier beginnen kolumbianische
Gangsterbanden offensichtlich Venezuela zu infiltrieren. Auch dringen zunehmend
Wilderer, Verbrecher und Glücksritter unkontrolliert in die Indianergebiete
vor. Beides soll unbedingt verhindert werden. Man sollte dies bedenken und sich
nicht ob der manchmal etwas rüden Behandlung aufregen.
Etwa 20 km vor der Stadt besuchten wir das „Balneario del Pozo Azul",
eine Art Badeanstalt inmitten eines malerischen Waldes. Hier standen einige
heruntergekommene Bungalows , die irgendwann sicher Touristen
anlocken sollten, diesen Zweck aber offensichtlich schon lange nicht mehr
erfüllten. Auf dem Platz vor den Bungalows loderte ein großes Feuer. Eine
größere Gruppe Einheimischer grillte dort riesige Fleischstücke der in
Venezuela allgegenwärtigen Zeburinder. Ein sächsischer Mitreisender hatte
diese Tiere in Anspielung auf die sagenhafte Zartheit ihres Fleisches bereits
während unserer ersten Venezuelaexpedition im Jahre 1994 treffend „Zähbus"
getauft. Trotzdem hatten diese Leute aber offensichtlich viel Spaß. Wir
radebrechten ein wenig, lehnten den reichlich angebotenen „Kazike"-Rum
jedoch dankend ab. Beim „Pozo Azul", der blauen Quelle selbst handelte es
sich um einen glasklaren etwa 28°c warmen, leicht bläulich wirkenden Bach mit
strahlendweißem Sandgrund. Dieser Bach war ein großes, herrlich in die
tropische Vegetation eingebettetes Naturaquarium. Ein Traum für einen
Aquarianer. Schon von Ufer aus sah man Schwärme der Salmler Brycon bicolor und
Bryconops giacopini (Familie Characidae, Unterfam. Bryconinae und Iguanodectinae)
mit ihren signalartigen Zeichnungen in der Schwanzflosse.
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