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PC - Aquarium, Version 1.5 (1992)

Intercomputer in Lizenzvertrieb von M&T Software Partner International GmbH

 

 

Für aquaristische Anfänger ist es unabdinglich, sich angesichts der angebotenen Fülle von Aquarien, Zubehör, Technik, Fischarten und - pflanzen, einen Überblick über das Angebot zu verschaffen. Die Kenntnis ermöglicht dann eine zielgerichtete Auswahl. In den seltensten Fällen folgt aber der Kaufentschluß einem intensiven Literaturstudium, denn auch hier wird dem Laien die Wahl zur Qual.

Welches Aquarium ist für mich das richtige? Wie kann ich dekorieren und welches Materialien verwendet man dazu? Welche Fische vertragen sich miteinander? Welche Bedingungen benötigen meine zukünftige Pfleglinge? Welche Wasserpflanzen passen in mein Aquarium und wie sollte der Bodengrund beschaffen sein? Was muß ich füttern? Wie bringe ich meine Pfleglinge zur Vermehrung?

Wo also Rat suchen, um möglichst schnell zu präzisen Antworten auf diese Fragen zu bekommen? An diesem Punkt setzt PC-Aquarium an. Die Möglichkeit moderner Programme, komplexe Fragestellungen mit Hilfe von Datenverwaltung und -verarbeitung zu bearbeiten, hat sich vor allem im enzyklopädischen Bereich vielfach bewährt. Der schnelle Zugriff auf bestimmte Informationen zu den vorstehend genannten Fragen ist der grundlegende Vorteil des getesteten Programms. Die Verknüpfung verschiedener Aussagen und Fakten zu einem bestimmten Themengebiet und die Möglichkeit problemlos zwischen angrenzenden Informationen hin und her „zu springen", ersparen dem Nutzer die Notwendigkeit des Blätterns und der ermüdenden Suche im Sachwortverzeichnis.

Dem Anwender wird zunächst ein Eingangsmenue präsentiert, das auf der linken Bildlaufleiste die Auswahlmöglichkeiten: Aquarientypen und Ausrüstung, Wasserpflanzen, Körperbau der Fische, Aquarienfische, Balzverhalten, Futter, Verträglichkeit der Arten, Zusatzprogramme, bietet.

Die einzelnen Icons können angeklickt werden und bieten weitere Auswahlmöglichkeiten auf der rechten Bildlaufleiste an, auf die im Folgenden noch eingegangen wird.

Auf dem unteren Bildschirmrand erscheint im Eingangsmenue eine Leiste mit Arbeits-Icons, die folgende Bereiche abdecken: Hilfe, Animation, Abbildung, Lehrbuch, Ratgeber, Drucker, Index, Demo-Recorder, Programmende.

Diese Schaltflächen ermöglichen es dem Benutzer, zwischen verschiedenen Informationsebenen eines angewählten Themenbereiches zu springen. Das Lehrbuch gibt eine textliche Darstellung des gewählten Themas. Mit Abbildung kann man sich die entsprechenden Grafiken und Bilder, egal ob zu Technik, Fischen oder Pflanzen ausgeben lassen und wieder zum Text zurückkehren. Alle Abschnitte des Lehrbuches lassen sich ausdrucken. Zu den Hauptthemen Aquarientypen und Laichverhalten, werden Animationen, d.h. vereinfachte bewegliche Darstellungen angeboten. Der Ratgeber versucht in simplifizierter Form Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen bei Problemen zu geben. Die Schaltfläche Index gewährt den Zugang zum Sachwortverzeichnis des Programms und beinhaltet darüber hinaus eine Suchfunktion, d.h. der Bearbeiter gibt ein Stichwort ein, der Rechner sucht den dazu gehörigen Abschnitt heraus. Hervorzuheben ist auch, daß der Index die Möglichkeit bietet, von den deutschen, auf die lateinische Fachbegriffe umzuschalten. Bei Wahl dieser Option werden auch in allen nachfolgenden Erörterungen die Begriffe in der gewählten Form verwendet. Mit Hilfe des Demo-Recorders lassen sich verschiedene Abschnitte des Programms in selbst gewählter Reihenfolge aufzeichnen und wieder abspielen.

Summa summarum eine Konzeption, die sehr vielversprechend ist und sich in anderen Bereichen auch hinlänglich bewährt hat. Bleibt die Frage nach dem Inhalt und die ist ja in erster Linie abhängig vom Autor, in diesem Fall nicht dem des Programms, sondern des Lehrbuchs. Leider ist der Autor des Textteils nicht zu ermitteln gewesen.

In unserer schnellebigen Zeit muß gerade die Aktualität des Wissens berücksichtigt werden. Für die elektronischen Medien gilt dies geradezu als Muß, haben sie doch die Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Das betrifft insbesondere die Systematik der in das Programm aufgenommenen Fisch- und Pflanzenarten. Und gerade hier läßt das Programm einiges zu wünschen übrig. Wer sich allerdings mit der systematischen Zuordnung entsprechend STERBA (1987) zufrieden geben kann, wird bestens bedient sein. Das Lehrbuch liefert die analogen, um nicht zu sagen identischen Informationen der „Süßwasserfische der Welt" (schöne Grüße vom Plagiator). Die dazu angebotenen Darstellungen der Fische sind durchweg miserabel. Das ist auch kein Wunder, handelt es sich dabei doch um die gleichen Fotos, die man auch im Sterba findet, die aber durch die elektronische Manipulation erheblich gelitten haben. Alle Arten werden auf der gleichen Background-Maske präsentiert, die neben aufsteigenden Luftblasen auch eine, sich heftig bewegende Anemone bietet. Für mein Dafürhalten der Gipfel der Geschmacklosigkeit.

Die Selektion der präsentierten Fischarten ist meines Erachtens nicht ganz nachvollziehbar. Die Auswahl erscheint etwas wels-lastig., wenn aus der Gattung Synodontis vier Arten zur Auswahl stehen, aus der Gattung Corydoras 7, dafür aus der Gattung Trichogaster nur der „Leeri" angeboten wird. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Für den Anfänger wird damit die Auswahl im Handel angebotener Arten verzerrt und darüber hinaus eine Tendenz zu „heiklen" Arten vorgegeben, die Mißerfolge in der Pflege und Haltung vorprogrammiert.

Im Abschnitt Wasserpflanzen werden verschiedene Bepflanzungsvorschläge gemacht, die sich vorwiegend an der Lebens- und Ernährungsweise der zu pflegenden Fischarten orientiert. Wer es etwas umfangreicher wünscht, nehme H.Frey, „Das Süßwasseraquarium" (1979) zur Hand. Dort finden sich nicht nur die entsprechenden Vorschläge zur Bepflanzung wieder, sondern auch weitgehend die Beschreibungen der einzelnen besprochen Pflanzenarten. Die Auswahl der angebotenen Pflanzenarten erscheint analog zu den Fischen willkürlich vorgenommen worden zu sein. Anders ist eigentlich nicht zu erklären, warum die Gattung Aponogeton nur mit A.crispus und die Gattung Nymphaea nur mit N. daubenyana vertreten ist.

Besonders interessant erschien der Menuepunkt Balzverhalten. Die Möglichkeit, per Animation wesentliche Abläufe dieses Verhaltens darzustellen, geht weit über das hinaus, was ein Buch vermag. So werden auch, zugeordnet nach Tageszeiten charakteristische Verhaltensabläufe bewegt dargestellt. Sehr gut. Es bleibt die Frage, welche Aquarianer in der Lage sind, die dargestellten Balzverhaltensweisen von Schmerlen, Glaswelsen, Kiemensackwelsen, Fiederbartwelsen und Stachelaalen in ihrem Aquarium nachzuvollziehen. Wäre die Animation des Paarungs- und Balzverhaltens Lebendgebährender, Barben, Salmler und Cichliden nicht sinnvoller gewesen?

Nächstes und letztes Highlight des Programms ist der Menuepunkt Verträglichkeit der Arten. Es werden verschiedene Untermenuepunkte angeboten, die sich nach dem: geographischen Prinzip, dekorativen Prinzip, wissenschaftlichen Prinzip und dem Einsteigerprinzip orientieren. Zum erst genannten Prinzip werden entsprechenden Verbreitungskarten der verschiedenen Familien angeboten und die Zusammenstellung verträglicher Arten per Mausklick vorgenommen. Es erscheinen sowohl in grafischer Darstellung, als auch in textlicher die zugehörigen Arten. Die Zusammenstellung ist dabei abhängig von den im Lehrbuch aufgenommenen Arten (auf die entsprechenden Defizite wurde bereits hingewiesen). Das Auswahlkriterium Dekorativ liefert eine grafische Übersicht aller aufgenommenen Familien. Bei entsprechendem Mausklick auf eine Familie, werden zusammen passende Arten des Gesamtsortiments selektiert und anschließend per Bild und Text präsentiert. Das wissenschaftliche Prinzip bietet die Möglichkeit, zwischen Laichproduktivität, komplizierter Benehmensbiologie und guten selektionsgenetischen Aussichten zu wählen. Was immer auch Benehmensbiologie sein mag, der Darstellung ist zu entnehmen, daß es sich um Verhaltensbiologie (Ethologie) handelt. Der Inhalt ließ mich allerdings stutzen, als nach der Ankündigung, es werden Arten vorgestellt, die ein interessantes Verhalten im Schwarm zeigen, Astronotus ocellatus empfohlen wurde. Die Tiere sollten zu 5-7 Stück in einem 400 Liter Becken gehalten werden und keine Pflanzen fressen. Ich kenne A. ocellatus nur in Aquarien mit gut gestalteten Felswänden, abgesehen davon, daß diese Tiere gut gehalten, Pfannenformat erreichen und alles andere als Anfängerfische sind. Gute selektionsgenetische Aussichten werden z.B. für Afrikanische Maulbrüter prophezeit. Der Wert der dazu gemachten Aussagen erscheint mir etwas strittig, wenn unter diesem Menuepunkt ausgeführt wird: „ Afrikanische Maulbrüter ... besitzen angeborene und angezüchtete Eigenschaften, die sehr abwechslungsreiche Arten garantieren. Überhaupt wird in diesem Zusammenhang mit der Fachterminologie etwas sorglos umgegangen. Die etwas kritiklose Zusammenstellung der verträglichen Arten setzt sich auch beim Menuepunkt Einsteigerprinzip fort. Wenn empfohlen wird, Poecilia reticulata und Tanichthys albonubes mit Hoplosternum - Arten zu vergesellschaften, stellt sich die Frage, ob der Autor nicht bewußt dem Umsatz des Zoohandels in die Hände arbeiten will.

Der Abschnitt Aquarientypen und Ausrüstung muß hier positiv herausgehoben werden. In übersichtlicher Art und Weise werden verschiedene Aquarientypen vorgestellt und Vor- und Nachteile unterschiedlicher Materialien für den Aquarienbau diskutiert. Auch die Zuordnung und Ansprüche verschiedener Formen der Zierfischhaltung (Laichbecken, Aufzuchtaquarien etc.) werden umfangreich dargestellt. Der Abschnitt Technik läßt mit Sicherheit beim Anfänger Probleme entstehen, wird doch keine eindeutige Trennung zwischen See- und Süßwasseraquaristik vorgenommen. Ein Eiweißabschäumer ist m. E. für ein normal besetztes Aquarium nun wirklich nicht notwendig.

 

Fazit: Es ist ausgesprochen bedauerlich, daß die, durch die Programmgestaltung gegebenen Vorteile eines Computerprogramms für den Aquarienanfänger durch fachliche und sachliche Mängel, insbesondere durch die Auswahl der angegebenen Themenkreise, zunichte gemacht werden. Somit können viele der gegebenen Informationen eher zur Verwirrung, denn zur Klärung von Problemen führen.

Orthographische Fehler, sowie Widersprüche zwischen Index und Lehrbuch sollten in der Version 1.5 längst ausgeräumt sein (in einer Rezension ist leider kein Platz für eine Liste der Fehler).

Zitate und Übernahmen aus anderer Fachliteratur sollten entsprechend gekennzeichnet sein, oder zumindest als Quellenangabe aufgeführt werden (vorausgesetzt, der Herausgeber des Programms hat die entsprechenden urheberrechtlichen Lizenzen eingeholt).

Der Autor des Lehrbuches sollte identifizierbar sein.

Es wäre wünschenswert, wenn sich Autor und Verlag an die gegenwärtig gültigen, bzw. üblichen Fachtermini und systematische Zuordnungen halten würden, um gerade dem Einsteiger das Leben mit der Aquaristik nicht unnötig sauer zu machen.

Last not least: Bildschirm und Aquarium haben eins gemeinsam - das Spannende spielt sich hinter der Scheibe ab. Der Unterschied: das Aquarium ist nicht programmierbar. Ein verweilender Blick ins Aquarium bringt unter Umständen mehr Spaß an der Erkenntnis um Biologie, als die ermüdende Arbeit am PC. Schauen Sie ins Leben, nicht immer nur auf den Bildschirm!

 

Dr. Jan Robel

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