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Flugbarben von Sri Lanka

Helmut Stallknecht

 

Eigentlich gehören Flugbarben zum alten Bestand der bewährten Aquarienfische. Sie sind allerdings zeitweilig völlig aus den Aquarien verschwunden, so daß ich nach über 50 Jahren Beschäftigung mit Aquarien erst durch eigene Fänge in Sri Lanka Gelegenheit hatte, diese Fische kennenzulernen. Und ich muß gestehen, daß ich sie erst auf den zweiten Blick erkannte.

Als ich im Oktober 1994 bei Wellipenne (Südwest-Sri Lanka) einen Kescherzug in einem mäßig schnell fließenden Reisfeldkanal tat, blitzten vor allem junge, herrlich blauglänzende Danio malabaricus im Netz. Die anderen Jungfische mit einem dünnen blauschwarzen Längsstreifen hielt ich zunächst für Rasbora daniconius. Bis ich nach dem Herausschöpfen einer Probe im Gegenlicht die bis zum Ansatz der Bauchflossen reichenden Barteln sah. Esomus, ja, aber nun danricus oder thermoicos?

In der alten Aquarienliteratur findet man die Flugbarben von Indien und Sri Lanka unter den Gattungsnamen Nuria oder Esomus und mit den Artnamen danrica HAMILTON, 1822, oder thermoicos VALENCIENNES, 1842. DAY nahm 1878 an, daß Esomus thermoicos ein Synonym zu Esomus danricus sei, während HORA & MUKERJI zwischen den Flugbarben von Indien und Sri Lanka einen Unterschied fanden: Die von der Insel haben eine vollständige Seitenlinie, die indischen immer eine unvollständige mit 6 bis 7 durchbohrten Schuppen.

Das sah ich natürlich in meinem Testglas nicht. Ich stellte aber fest, daß die acht Fische sofort zur Oberfläche stiegen und mit angelegten Flossen und heftigen Kiemenbewegungen Sauerstoffmangel signalisierten. Ich überführte sie sofort in eine Klarsicht-Transportflasche von 1 l Inhalt und erneuerte nahezu das gesamte Wasser. Dennoch, auch später in unserer Unterkunft hatte ich stets Sorge um diese Fische, weil sie auch nach nur sparsamer Fütterung sofort unter der Oberfläche hingen. Der gleiche Wasserraum wurde zum Beispiel in einem anderen Gefäß von 20 Jungen Rasbora vaterifloris bewohnt. Diese Tiere kamen lediglich zur Fütterung mit Flockenfutter an die Oberfläche.

Es schien, als wären die Flugbarben besonders erregbar. Auch während der vorsichtig durchgeführten Wasserwechsel (Kot mit einem 4 mm-Luftschlauch abziehen, Zulauf von 300 cm3 frischem Wasser mit dem gleichen Luftschlauch) „regten sie sich auf" arbeiteten rasend schnell mit Maul und Kiemendeckeln und baumelten sofort oben. Erst nach etwa 10 Minuten schwammen sie wieder entspannter. Sie schossen allerdings niemals verschreckt umher, wie das besonders die verschiedenen Wildfänge von Eierlegenden Zahnkarpfen der Gattung Aplocheilus taten.

Der Figur nach konnten die acht Tiere fünf Männchen und drei Weibchen sein. Sie waren allerdings erst knapp 4 cm lang und durchweg schlank. Doch lag ein Schwerpunkt der Bauchpartie bei drei Fischen ziemlich weit hinten, während bei den anderen die Bauchlinie gleichmäßig flach verlief.

Farblich zeigten die Flugbarben während der Hälterung in den Klarsichtboxen nichts. Das Gelb der Flossen verschwand gleich nach dem Fang, und der dünne Längsstrich war stets nur schwach sichtbar. Von einem roten oder orange Farbton in den Flossen der Männchen keine Spur.

Zuhause angekommen, gelang zwar die Umstellung auf meine Wasserverhältnisse leicht, aber so recht froh wurde ich über das Verhalten der Flugbarben nicht. Die acht Fische, obgleich mit den Danio malabaricus vom gleichen Fundort vergesellschaftet, schlossen sich deren Trupp nicht an und bildeten auch selbst keinen eigenen Schwarm. Sie besetzten Reviere in den Ecken oder unter Blättern großer Cryptocorynen und verjagten sich gegenseitig, wenn gefüttert wurde. Wütende Attacken führten zu Schuppen- und Schwanzflossenverlusten, und meist waren die Maulspitzen vom ständigen Beißen weißlich belegt.

Die gleichfalls aus Sri Lanka mitgebrachten Jungfische von Etroplus maculatus und Etroplus suratensis blieben in einem 150-l-Aquarium sehr scheu. Um die Oberfläche zu beleben und die Buntbarsche zu „entspannen", setzte ich zwei Weibchen und ein Männchen der Flugbarben in dieses Aquarium. Wieder das gleiche Bild! Vier Ecken für drei Fische erlaubten erneut eine feste Revierbildung. Mehrere meiner Freunde können bestätigen, wie „erbittert" die Flugbarben sogar die herangewachsenen Etroplus suratensis attackierten, wenn sie bei der Fütterung mit Wasserlinsen an die Oberfläche und damit in ihre Reichweite kamen.

Übrigens war ich, als meine Flugbarben etwa ein halbes Jahr in meinem Besitz und inzwischen auf 6 cm herangewachsen waren, bei der Unterscheidung der Geschlechter nicht mehr ganz so zuversichtlich wie unmittelbar nach dem Fang. Sie wuchsen nämlich alle weiter, wenn auch nicht mehr so zügig wie am Anfang. Die männchenverdächtigen Tiere blieben also keineswegs auffällig hinter denen zurück, die ich für Weibchen hielt. Schließlich mußte ich sogar feststellen, daß die schlanken und inzwischen auch farbintensiveren Fische etwas größer als die mit fülligeren Bäuchen waren.

Schließlich startete ich einen Zuchtversuch mit einem Paar. Trotz flachen Wasserstandes jagten sich die beiden Fische gegenseitig derartig grob, daß sie aus dem 35 cm hohen Aquarium heraussprangen und morgens tot vorgefunden wurden.

Nun setzte ich eines Abends die verbliebenden Fische, vier Männchen und zwei Weibchen in ein relativ kleines, nur 6 l fassendes Aquarium, das dicht mit Javamoos gefüllt war und einen Laichschutz am Boden enthielt. Am nächsten Morgen zogen alle fünf Tiere in diesen beengten Verhältnissen, erstmalig wie in einem Schwarm schwimmend, gemeinsam herum und bildeten eine Schule. Alle Köpfe zeigten stets in die gleiche Richtung. Da nicht viel Platz war, kam es zu einer Schwimmbahn etwa in Form einer 8, die Weibchen vorneweg, die Männchen hinterher. Mit steigender Geschwindigkeit der wendigen Tiere verloren die Männchen das Längsband, der Körper wurde gelblich rot, die Flossen intensiver braunrot, während die Weibchen verstärkt den Längsstrich zeigten.

Nach etwa drei Stunden „Vorspiel" bohrte sich eines der Weibchen in das außen lockere Javamoos. Ein Männchen schoß an dessen Seite, legte den Schwanzstiel um den des Weibchens, und es kam zu einem kurzen Ruck. Eier sah ich (noch) nicht, denn das zweite Weibchen paarte sich fast gleichzeitig mit einem anderen Männchen und lenkte mich ab. Erst als die Tiere einige „Temporunden" später auch im freien Wasser laichten, bemerkte ich die winzigen Eier, die von den schnellen Flossenbewegungen der Fische stark verwirbelt wurden und im Javamoos oder unter dem Schutzgitter verschwanden. Sie klebten nicht.

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