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Zwei unterschiedliche Schnabelsalmler aus Afrika, Phago intermedius Boulenger, 1899 und Phagoborus ornatus (Boulenger, 1899) 

 Text und Foto Kai Arendt

Phago intermedius   Phagoborus ornatus

Im Grunde sind die Salmler Afrikas in zwei dominierende Hauptgruppen einzuteilen, nämlich die Familien Citharinidae und Alestidae. In beiden Familien entwickelten sich räuberisch lebende Formen. Sind es bei den Alestidae die gewaltigen Tigerfische der Gattung Hydrocynus (Unterfam. Hydrocyninae), existieren in der Familie Citharinidae gleich mehrere Gattungen mit räuberischer Lebensweise. Alle werden sie in der Unterfamilie Ichthyoborinae zusammengefasst. Alle diese Arten sind sehr langgestreckte Fische, die fast immer eine charakteristische längsgestreifte Schwanzflossenzeichnung besitzen. Offenbar ist diese eine besondere Anpassung an ihre Art des Beuteerwerbs. Die Mehrzahl der Arten der Ichthyoborinae ernähren sich nämlich parasitär von den Flossen, meist Teilen der Schwanzflosse, anderer Fische. Fische der Gattungen Phago, Belonophago, Gavialocharax, Eugnatichthys und Ichthyoborus sind als Flossenfresser bekannt. Die auffällige Streifung ihrer Caudalen ist ein Signal für Artgenossen, lieber nicht zuzubeißen. Einer dieser spezialisierten Flossenfresser ist Phago intermedius. Die im Bassin des Kongoflusses weit verbreitete Art weist jene für die Flossenfresser typische Gebissstruktur auf. Ihre dreieckigen Zähne sind seitlich gesägt und sehr scharf. Jene des Ober- und des Unterkiefers greifen wie eine Schere ineinander. Als Lauerräuber beschleichen sie ihr Opfer, stoßen aus dem Hinterhalt blitzschnell vor. Hierbei krümmen sich die Tiere kurz vor den Zustoßen S-förmig. Ein rascher Biß und dem verdutzten Opferfisch fehlt ein gutes Stück der Caudalen. Es wird regelrecht herausgeschnitten. Beim Zubeißen sind diese Fische in der Lage, sowohl den Unterkiefer als auch den Oberkiefer zu bewegen - eine recht einmalige Sache im Reich der Salmler. Dies ermöglicht jedoch physikalisch einen gleichmäßigen und sicheren Schnitt und somit einen höheren Erfolg beim Beuteerwerb. Obwohl die an sich recht zarten Raubfische mit etwa 12 cm Endlänge recht klein bleiben, greifen sie auch viel größere Fische, als sie selbst sind, an. Aus der Schilderung ihrer Ernährungsgewohnheiten lässt sich unschwer ablesen, dass Phago intermedius natürlich schlecht geeignete Aquarienfische sind. Sie lassen sich zwar ohne Probleme mit Artgenossen vergesellschaften, sind aber offensichtlich so stark auf die Flossennahrung spezialisiert, dass in der Regel anderes Futter verschmäht wird. Es kann zwar vorkommen, dass diese Fische nach weißen Mückenlarven schnappen, gefressen wurden diese jedoch nie. Sicher ist es nicht anstrebenswert, Phago intermedius mit „Futterfischen“ zu vergesellschaften, die dann ja nach und nach angeknabbert werden würden. Also bleibt uns Aquarianern bei diesen sicherlich hochinteressanten Fischen letztlich nur eins, nämlich Hände weg von diesen Tieren. Sie verhungern sicher, wenn sie sich nicht wie in der Natur parasitär als Flossenfresser betätigen können.

    Die zweite hier kurz vorgestellte Art, Phagoborus ornatus, ähnelt Phago intermedius optisch sehr und teilt sich mit jenen vielfach auch den Lebensraum. Auch er ist mit ca. 12 cm Länge ausgewachsen und besitzt jene für die afrikanischen Flossenfresser typische Caudalzeichnung. Allerdings sind bei diesen Tieren die Zähne nicht seitlich scharf sondern als konische und spitze Hundszähne ausgebildet. Sie sind also nicht zum Flossenschneiden geeignet. Tatsächlich handelt es sich bei Phagoborus ornatus nicht um parasitär lebende Flossenfresser, sondern um piscivore Raubfische, die kleinen Fischen nachstellen. Auch sie sind als Lauerräuber einzustufen, die ihrer Beute gut getarnt aus dem Hinterhalt nachstellen. Ihre schlanke Gestalt und die Längsstreifung tarnt die Tiere im Kraut- und Wurzeldickicht hervorragend. Dieses Zeichnungsmuster erinnert an jenes einiger Barrakudasalmlerarten in Südamerika (Gattung Acestrorhychus, Fam. Characidae, Unterfam. Acestrorhynchinae). Die Jungfische mancher dieser Barrakudasalmler und auch einige kleinbleibende Arten besitzen jene markante Längsstreifung haben dort die selbe ökologische Nische als Lauerräuber für sich erobert. Man nennt diese Parallelentwicklung in der Fachsprache Konvergenz. Offensichtlich schützt die markante Schwanzflossenzeichnung von P. ornatus die Tiere in der Natur vor den Nachstellungen der im gleichen Lebensraum lebenden Flossenfresser. Phagoborus ornatus ist im Aquarium im Gegensatz zu P. maculatus recht gut zu halten. Vorraussetzung ist allerdings eine sichere Quelle für kleine lebende Futterfische. Als ideal erwiesen sich hierbei kleine Moderlieschen oder Blaubandbärblinge, die man im Angelladen oder von Fischereipächtern günstig erwerben kann. Bevorzugt gefressen werden schlanke Fischchen von etwa 3 cm Länge. Größere Fische werden nach meiner Erfahrung nicht mehr bewältigt. An Ersatzfutter ließen sich meine Fische leider nicht gewöhnen. Die Beute wird von den reglos verharrenden Raubfischen fixiert, sie krümmen sich S-förmig und schießen blitzschnell auf die Beute zu. Das Opfer wird gepackt und mit den Kopf voran verschlungen. Auch P. ornatus ist in der Lage beim Zupacken Ober- und Unterkiefer gleichzeitig zu bewegen. Untereinander und gegenüber anderen Fischen passender Größe verhält sich P. ornatus sehr friedlich. Allerdings ist darauf zu achten, dass diese recht zarten und ruhigen Tiere nicht mit allzu lebhaften oder gar aggressiven Arten vergesellschaftet werden, denn sonst werden sie scheu und kümmern. Auch sollte das Wasser stets warm (> 25°C) uns sauber sein. Die von mir gepflegten Tiere wurden von den Firmen Mimbon Aquarium / Köln und Marx Aquaristik in Butzbach / Münster nach Deutschland importiert.

Literatur:

Evers, H.G. (1999): Raubsalmler aus Westafrika. DATZ, 52(7): 14-15

Géry, J. (1978): Characoids of the world. T.F.H. Publications, Neptune City.

Pinter, H. (1987): Phagoborus ornatus (Boulenger, 1899). Ein selten gehaltener Raubsalmler. TI-International, 82(Aug.´87): 14

Stallknecht, H. (1994): Man nennt sie Salmler. Tetra Verlag, Melle.

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