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Aquarium in Klostermauern
Das Deutsche Museum für Meereskunde und Fischerei Stralsund
Zunächst mutet es eigenartig an, wenn man erfährt, dass das Deutsche Museum für Meereskunde und Fischerei samt seinem Aquarium in einem anno 1251 gegründeten Dominikanerkloster untergebracht ist. Die Tatsache allein ist schon spannend, wirft sie doch die Frage auf, wie es den Gestaltern der Exposition gelungen sein mag, diese unterschiedlichen Anliegen im Gebäude zu vereinen. Die Antwort ist einfach – hervorragend.
Das Bestreben der heute als Stiftung bestehenden Einrichtung ist es, dem Besucher einerseits die komplexen Beziehungen in den Weltmeeren zu veranschaulichen und andererseits die umfangreiche Nutzung der Meeresressourcen durch den Menschen zu verdeutlichen. Dabei wird das Bemühen sichtbar, die Besucher für die Komplexität des Lebensraumes Meer, seiner Bewohner und seiner Empfindlichkeit gegenüber Störungen durch den Menschen zu sensibilisieren.
Das Museum ist in der Altstadt Stralsunds, die selbst schon sehr sehenswert ist und einen Besuch lohnt, gelegen. Schon beim Betreten des Museumshofes wird man mit dem größten Ausstellungsstück, einem 17 Meter langen Holzkutter konfrontiert, der bis 1969 zum Fischfang eingesetzt wurde.
Die
Klosterkirche, die den größten Teil der Ausstellung beinhaltet wurde mit viel
Sorgfalt restauriert und vollständig von den Umbauten früherer Nutzungsformen
(Gemüselager, Arsenal, Lagerhaus, Waisenhaus, Lazarett, Gymnasium) befreit und
bietet sich heute wieder als gotischer Sakralbau, dessen Grundstruktur und viele
einzelne architektonische Elemente trotz der musealen Nutzung sichtbar sind. Dem
steht auch der Einbau eines stählernen Raumstabwerks nicht im Wege, der die
Kirche in drei Ebenen teilt. Im Gegenteil, den Architekten ist es auf diese
Weise gelungen dem Besucher einzigartige „Ein- und Ausblicke" innerhalb
des Gebäudes zu ermöglichen, dennoch dominiert im Eingangsbereich diese
Konstruktion neben einem überdimensionalen Globus.
Das
Erdgeschoss ist dem Thema Meereskunde und Meeresbiologie gewidmet. Mit
eindrucksvollen Exponaten, z.B. einer großen Kalksteinplatte mit Fossilien und
einem Modell von Picards „Trieste", wird der „Wasserplanet" Erde
und seine Erforschung vorgestellt. Verschiedene Seewasseraquarien bilden das „belebende"
Element und machen gespannt auf die weiteren Abteilungen.
Der Übergang zur zweiten Ebene
befindet sich im ehemaligen Kirchenchor, in dem ein 15 Meter langes Skelett
eines Finnwals scheinbar frei schwebend ausgestellt wird, so dass der Besucher
einen Eindruck von den Dimensionen dieser Tiere erhält. Folgerichtig beginnt
die Darstellung der Geschichte der Seefischerei mit zahlreichen Fotos,
Dokumenten und Ausstellungsstücken zum Walfang. Ohne Sentimentalitäten
einzusetzen, wird in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit des Walschutzes
eingegangen. Viele Modelle und Vitrinen vermitteln einen Überblick über die Formen
und Techniken der Fischerei von der Urgesellschaft bis zur Gegenwart. So wird es
dem Betrachter möglich, selber nachzuvollziehen, mit welchen technischen
Raffinessen der Fischfang in den letzten einhundert Jahren immer weiter
perfektioniert wurde. Der Besucher erhält einen umfassenden Überblick über
verschiedene Fang- und Netztechniken und die zugehörigen Schiffe. Dabei wird
aber immer wieder auf die Bedeutung des Schutzes und der Erforschung der marinen
Lebensformen Bezug genommen, ohne eine vordergründige Emotionalität zu
bemühen.
Die zweite Etage ist der Thematik „Mensch und Meer" gewidmet. Grundintention dieses Teils der Ausstellung ist es, die Verantwortung des Menschen gegenüber den Bewohnern der Meere zu verdeutlichen und steht unter dem Motto: „Ein gesundes Meer – Voraussetzung für das Leben auf der Erde". Daher wird der Bogen der behandelten Themen von der Biodiversität der Meeresbewohner über die vielfältigen Ressourcen der Meeresböden bis hin zur Nutzung vieler Tierarten inklusive des Badeschwamms gespannt und mit einer Fülle von Exponaten belegt. Dass in diesem Zusammenhang auch der Weg eines Fisches aus seinem natürlichen Biotop bis in die Dose nachvollzogen wird, mag dem Meeresaquarianer zunächst unsensibel vorkommen, ist aber letztlich nur ein Spiegel der Realität. Beeindruckend an diesem Teil der Ausstellung ist die Vielfalt der Nutzungsformen, die das Meer dem Menschen bietet. Das auch hier der verantwortungsvolle Umgang mit diesen Ressourcen im Vordergrund der Darstellung steht, ist angesichts des Grundanliegens dieses Museums selbstverständlich.
Besonders hervorzuheben sind für mich
auch die Dokumentationen zu den Quastenflossern. In diesem kleinen Teilbereich
dokumentiert das Museum, dass „museal" nicht zwangsläufig etwas mit „alt"
zu tun haben muss, sondern dass es auch in diesem Rahmen möglich ist neueste
wissenschaftliche Erkenntnisse und die Diskussion hierzu darzustellen.
Der Übergang zum Aquarium ist der Ostseeküste gewidmet. In dieser Abteilung werden die typischen Bewohner und ihre Lebensweise vorgestellt. Verständlicherweise wird die Abteilung inhaltlich durch die Darstellung und Präparate von Seevögeln dominiert, ist doch die Ostseeküste das Durchzugsgebiet für viele Vogelarten, die den Sommer in Skandinavien verbringen. Nicht ohne Grund wurden deshalb hier auch die Nationalparke „Jasmund" und „Vorpommersche Boddenlandschaft" geschaffen.
Eine
steile Stiege führt den Besucher schließlich in die Kellergewölbe des Museums,
in denen heute das Aquarium untergebracht ist. 35 Schauaquarien mit einem
Fassungsvermögen von 100 bis 50.000 und insgesamt 143.000 Litern bieten die
Möglichkeit, sich exemplarisch mit den verschiedensten Lebensformen der Meere
vertraut zu machen. Dass dabei den Tieren von Nord- und Ostsee besonderes
Gewicht beigemessen wird, liegt in der Tradition des Hauses. Gerade das macht
aber den Reiz der Exposition aus. „Kaiser" und „Drücker" gehören
zweifellos zu den Prunkstücken von Meeresaquarien, aber Flundern, Schollen,
Seehasen, sowie Gemeiner Seestern und Ohrenqualle bieten nicht weniger Anlass zu
interessanten Beobachtungen, sind aber insbesondere auf Grund ihrer
Temperaturansprüche weitaus schwieriger zu pflegen als ihre tropischen
Verwandten (es ist bekannter Weise komplizierter ein Aquarium zu kühlen, als es
zu erwärmen). Gerade deshalb ist dieser Teil des Aquariums besonders zu
empfehlen und verdient besondere Anerkennung.
Dennoch
werden zwei Drittel der Ausstellung von tropischen Meeresaquarien eingenommen in
denen die Artenvielfalt tropischer Meere in eindrucksvoller Art und Weise belegt
wird. Die dargestellten Themenbereiche sind vielfältig. Es ist beachtenswert,
dass die Konzeption nicht auf die „zur Schaustellung" möglichst vieler
Arten ausgerichtet ist, obwohl ständig zwischen 300 und 400 Arten gezeigt
werden, sondern ganz spezielle Anliegen verfolgt, wie beispielweise den Komplex
„Symbiose" oder das Thema „Lautentäußerungen von Fischen".
Es
gibt größere Schauaquarien als das Stralsunder, aber es gibt kaum ein weiteres
in Europa, in dem in einer derart fundierten und anschaulichen Form die
Verbindung zwischen Mensch und Meer dargestellt und vor allem erlebbar gemacht
wird.
Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall. Wenn man sowieso an "der Küste" ist, sollte man sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen. Und wenn es Argumentationsprobleme "Für und Wider" geben sollte - die Altstadt ist inzwischen mit viel Einfühlungsvermögen restauriert worden, so dass es auch die eine oder andere architektonische Delikatesse, von den kulinarischen ganz zu schweigen, zu bewundern gibt.
Sollten Sie jetzt glauben ich sei ein Stralsunder, irren Sie sich. Ich komme aus Berlin, habe aber trotzdem kein Problem für Stralsund und das Meereskundemuseum zu werben.
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