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Puerto Ayacucho
Teil 2: Am Cano Morrocoy
von Kai Arendt
Puerto Ayacucho , Venezuela, 25. Januar 1997. Schon früh am
Morgen stiegen wir aus den Betten und packten unsere Fangutensilien zusammen.
Wir, das waren die Aquarianer Thomas Köhler, Hermsdorf, Fritz Meyer,
Wusterhausen / Dosse, Helmut Stallknecht, Rosenwinkel, mein Bruder Gunnar
Arendt, Hannover, ich Kai Arendt, Helmstedt, meine Frau Charlotte und meine
Tochter Henriette. Hier in den Tropen fröstelt man bei „nur" 25°C
Lufttemperatur am Morgen so daß alle ein paar „Auflockerungsübungen"
machten oder sich irgendwie anders in Bewegung hielten. Nach kurzem
Morgenpalaver fuhren am Wahrzeichen Puerto Ayacuchos, einem auf jenen für diese
Region typischen riesigen rundgeschliffenen Granitfelsen erbauten Haus, in die
Stadt hinein um für den dringend benötigten Kaffee und das Frühstück zu
sorgen, welches wir an einem herrlichen Platz mit Blick auf die Stromschnellen
des Orinoco einnahmen. Da Puerto Ayacucho keine sehr ansehnliche und auch
ziemlich schmutzige Stadt ist, zogen wir es vor, außerhalb zu frühstücken.
Auf dem Weg zu den Stromschnellen kamen wir an einem kleinen Platz vorbei, wo
Fischer ihren Fang in Schubkarren zum Verkauf anboten. Das Artenspektrum war
recht bescheiden. Mehrere kapitale Tigerspatelwelse, Pseudoplatystoma fasciatum
ein mittelgroßer Raubwels der immerhin fast 2m groß werdenden Art Paulicea
luetkeni (Fam. Pimelodidae) sowie einige größere Süßwasserumberfische,
Plagioscion squamossissimus (Fam. Sciaenidae) waren zu erkennen. Andere
Fischersleute boten etwa 45 cm große goldglänzende Pellona flavipinnis an, die
zur Familie der Heringe (Clupeidae) gehören. Interessanterweise leben diese
Fische zeitlebens im Süßwasser. Auch große Salmler wurden feilgeboten. Einige
große „Cachamas", Colossoma bidens (Fam. Serrasalmidae, Unterfam.
Myleinae) und kapitale, etwa 40-50 cm messende „Palambras", Brycon cf.
coquenani (Fam. Characidae, Unterfam. Bryconinae) müffelten in der Sonne vor
sich hin. Als sich einige der Fischer plötzlich erhoben und eine drohende
Haltung einnahmen überkam uns ein mulmiges Gefühl. Sie fingen an, uns
unfreundlich als „Gringos" (Schimpfwort für US-Amerikaner) zu bezeichnen
und verlangten „Dollares" für das Beschauen ihres Fanges. Wir hielten es
für angebracht, besser schnell die Autos zu besteigen und das Weite zu suchen.
Die Stromschnellen des riesigen Orinoco bei Pt. Ayacucho sind ein wahrhaft
majestätischer Anblick obwohl das Wasser jetzt zur Trockenzeit nur mäßig
strömte. Die Wasserstandsmarken an den riesigen runden Granitfelsen erinnern
einen aber daran, daß der Orinoco mit Beginn der Regenperiode dramatisch um bis
zu 20m anschwillt und sich hier die tosenden Fluten durch eine Felsbarriere
zwängen. Die Felsen sind Relikte eines der ältesten Gebirge der Erde, welches
heute stark abgetragen ist. Es wird als der „Guyana-Schild" bezeichnet.
Seine Ausläufer beginnen direkt südöstlich von Pt. Ayacucho und steigen an zu
der geheimnisvollen und sagenumwobenen „Sierra de Neblina", jenem
vollkommen mit tropischen Regenwald überwucherten Nebelgebirge. Dort gibt es in
der Tat noch Gebiete, die noch nie von Weißen betreten worden sind.
Südlich der Stadt wird der Wald immer dichter und die
Straße nach Süden verwandelt sich in eine durch Lateritboden rotgefärbte und
jetzt in der Trockenzeit staubige Piste. Trotzdem kamen wir recht gut voran. Wir
kreuzten mehrere klare und recht schnell strömende Flüsse, die von den
südöstlich liegenden Ausläufern des Guyanaschildes dem Orinoco zuflossen.
Hier mußte es von Fischen nur so wimmeln. Unser Führer, Herr Thiemicke ließ
sich aber zu unserem Leidwesen nicht zum Anhalten bewegen. Das Militär sei hier
sehr mißtrauisch, der Fischfang verboten, daher sei ein Anhalten nicht ratsam.
Murrend ergaben wir uns unserem Schicksal. Irgendwann nach etwa 70 Kilometern
bogen wir von der Hauptpiste Richtung Südwesten. Die Piste war hier noch
schmaler, der Wald immer wieder durch gerodete Lichtungen unterbrochen. Menschen
schienen hier nicht zu leben. Nach ca. 10-15 km erreichten wir eine Betonbrücke
die einen kleinen von Wald umgebenen Bach überquerte. Wir waren am Ziel, dem
Cano Morrocoy, zu deutsch Schildkrötengraben oder -bach. Das linke Ufer dieses
recht klaren und schnellströmenden, leicht bräunliches Wasser führenden Bache
war vor der Brücke zu einem sumpfigen Teich erweitert. Im Bachlauf lag allerlei
mitgeführtes Holz, der Bodengrund war lehmig und etwas kiesig. Nadelsimsen
bildeten die einzige submerse Vegetation, wuchsen aber in dichten Teppichen in
der Strömung. Am gegenüberliegenden Ufer wuchsen breitblättrige
bromelienartige Sumpfpflanzen im Wasser am Rande der Strömung. Der Bach hatte
eine maximale Tiefe von ungefähr einem Meter. Hier hatte Horst Linke einige
Monate vor uns Apistogramma sp. „Breitbinden", eine bislang noch immer
unbeschriebene Art mit einer wie ein „Indianerschopf" ausgebildeten
Rückenflosse gefangen. Bei den Männchen dieser Art sind die Membranen zwischen
den Rückenflossenstrahlen extrem stark verlängert. Die Art zählt zu den
schönsten Apistogramma überhaupt und wir waren gespannt ob wir diese Fische
hier in der Natur beobachten und auch fangen könnten. Und tatsächlich, schon
die ersten
Züge mit unseren Rahmennetzen brachten Erfolg. Zwar wenige aber
ausgewachsene Tiere gingen uns in die Maschen. Die Tiere waren nicht sonderlich
häufig und es dauerte eine ganze Weile bis wir eine ausreichende Anzahl adulter
Tiere gesammelt hatten. Einem unserer Freunde ging plötzlich ein ganzer Schwarm
etwa 8mm langer Jungcichliden ins Netz und wir waren besonders glücklich,
glaubten wir doch A. sp. „Breitbinden" Jungfische erbeutet zu haben. In
Deutschland entwickelten die Fische sich dann jedoch zu wunderschönen Aequidens
diadema die hier wohl an der nördlichsten Verbreitungsgrenze der Art lebten. Im
Gegensatz zu den meisten anderen Aequidens sind diese Tiere larvophile
Maulbrüter, die ihre Eier auf einem meist mobilen Substrat wie Blättern und
dergleichen ablegen um dann die schlüpfenden Larven im Verlauf der weiteren
Brutpflege im Maul aufzuziehen. Auch ein einzelnes Tier einer Crenicichlaart aus
der Saxatilis-Verwandtschaft ging uns hier in die Maschen.
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